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Wirtschaft - 06.06.2019

Italiens Schulden und die Ungeduld der EU

Italien ist hoch verschuldet. Deswegen empfiehlt die EU-Kommission jetzt ein Strafverfahren gegen das Land. Italien könnte eine milliardenschwere Geldbuße drohen. Die wirkliche Drohgebärde ist aber eine andere.

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Die EU-Kommission hatte mehrere Warnschüsse abgefeuert, Ende 2018 noch einen Kompromiss mit Italien geschlossen – mit Bauchschmerzen – und vergangene Woche dann einen Brief aus Brüssel nach Rom geschickt. Darin bemängelte die Brüsseler Behörde, das Land habe „nicht genügend Fortschritte“ bei der Sanierung seines Haushaltes aufzuweisen. Ein letzter – wenig erfolgreicher – Versuch, Italien zu Zugeständnissen zu bewegen. Deswegen will die Europäische Kommission jetzt zeigen: Wir sind am Ende der Geduld.

Am Mittwoch hat sie ein Strafverfahren gegen Italien empfohlen. Der Grund: Das südeuropäische Land ist hoch verschuldet. Zu hoch aus Sicht der Kommission. Der italienische Staat war 2018 mit 2,3 Billionen Euro im Minus. Das entspricht rund 132 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) und ist eine der höchsten Schuldenquoten der Welt. In der Europäischen Union steht nur Griechenland schlechter da.

Nach Kriterien, welche die EU-Staaten im Maastrichter Vertrag festgelegt haben, darf ein Land in der Eurozone sich nicht zu mehr als 60 Prozent seines BIP verschulden und pro Jahr nicht mehr als drei Prozent neue Schulden machen.

Der italienische Innenminister Matteo Salvini will höhere Schulden machen – zum Verdruss der EU

Wenn ein Staat gegen diese Vorgaben verstößt, muss er gegensteuern. Damit soll dafür gesorgt werden, dass der aus 19 EU-Staaten bestehende Euroraum stabil bleibt. Doch gerade das habe Italien nicht getan. Laut EU-Kommission hat sich die italienische Regierung 2018 nicht genügend bemüht, die Schulden des Landes zu verringern.

Wahlversprechen einlösen vs. keine Schulden machen

Breche man die Schulden Italiens auf seine Einwohner herunter, habe jeder von ihnen 38.000 Euro zu buckeln. „Italien zahlt heute für seinen Schuldendienst so viel wie für sein gesamtes Bildungssystem“, sagt einer der Vizepräsidenten der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis, am Mittwoch in Brüssel. Es sei außerdem zu erwarten, dass die Schuldenquote des Landes in den kommenden beiden Jahren noch weiter ansteige. Italien könne außerdem noch eine weitere Hürde reißen: Die Kommission geht davon aus, dass der Staat sich 2020 mit 3,5 Prozent, also mehr als die erlaubten 3 Prozent, neu verschulden wird.

Der Streit zwischen der EU und Italien dauert schon länger an. Seitdem 2018 eine Koalition aus populistischer Fünf-Sterne-Bewegung und rechter Lega an die Macht kam, predigt sie der Bevölkerung, teure Wahlversprechen einzulösen: Steuern senken, ein Grundeinkommen einführen, frühere Renteneintritte. Vor allem Lega-Chef und Innenminister Matteo Salvini wiederholt immer wieder, dass er sich nicht an die Brüsseler Regeln zu halten gedenkt.

In Brüssel nimmt man diese Sicht der Dinge mit mehr als nur einer hochgezogenen Augenbraue wahr: Der deutsche EU-Haushaltskommissar Günter Oettinger von der konservativen CDU bescheinigt seiner Behörde ein zu zögerliches Handeln: „Wir hätten bei einigen Ländern in der Eurozone früher eingreifen müssen, weil die Neuverschuldung zu stark zugenommen hat“, sagte er der „Wirtschaftswoche“. „Nun ist es bei Italien eher fünf nach zwölf als fünf vor zwölf“.

Im Koalitionsstreit droht Italiens Ministerpräsident Conte mit seinem Rücktritt

Die Drohungen aus Brüssel kommen zu einer Zeit, in der es in Italien sowieso schon genug brodelt. Das Bündnis von Lega und Fünf-Sterne-Bewegung lag wochenlang im Dauer-Clinch. Das Ganze ging so weit, dass der parteilose Ministerpräsident Giuseppe Conte vor kurzem mit seinem Rücktritt drohte. Im Schuldenstreit mit der EU mahnte Conte, ein Defizitverfahren – wie es die Kommission jetzt angestoßen hat – würde Italien „sehr wehtun“.

Ein langer Weg bis zur Milliardenzahlung

Dass es tatsächlich zum Äußersten kommen könnte, davon sei man noch weit weg, sagt Marta Pilati vom European Policy Centre, einer Denkfabrik in Brüssel. „Es gibt immer noch viel Raum für Veränderungen.“ Die Regierung wolle natürlich ihre Wahlversprechen einlösen, sie könne sich aber auch den Forderungen der Kommission annähern.

Wenn es tatsächlich eine Strafe geben sollte, müsste Italien 0,2 Prozent seines BIP bezahlen, also Milliarden. Der Weg dahin ist allerdings lang. In einem ersten Schritt müssen die EU-Finanzminister der Empfehlung der EU-Kommission zustimmen. Der gesamte Prozess kann sich über Jahre hinziehen. „Am Ende geht es der Kommission nicht um die Strafe“, sagt Grégory Claeys von der Brüsseler Denkfabrik Bruegel. Viel wichtiger sei das Signal an die Märkte und die Rating-Agenturen. „Es wird Italien mehr kosten, sich selbst zu finanzieren“, deswegen könne man nicht sagen, dass ein solches Verfahren nutzlos sei, nur weil am Ende des Prozesses vielleicht keine Strafe stehe.

Während der Finanzkrise und auch in den Jahren danach, hatte die EU-Kommission Verfahren gegen 24 der damals 27 EU-Länder eingeleitet. Zahlen musste aber bisher keiner der Staaten. Derzeit läuft nur noch gegen Spanien ein Defizitverfahren, das aber nun eingestellt werden soll.

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