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Politik - 15.07.2019

Fluchtroute übers Mittelmeer dient der Erpressung

Bei der Seenotrettung im Mittelmeer geht es nicht um Seenotrettung, sondern um Migration. Wer das Thema bewusst oder aus Naivität auf den Akt der Rettung reduziert und den Migrationsaspekt ignoriert, hat entweder eine migrationsfördernde Agenda oder ist mit politischer Kurzsichtigkeit geschlagen. Beides ist gleichwohl zulässig.

Der humanitäre Akt der Rettung Schiffbrüchiger aus Seenot ist über alle politischen Lager hinweg völlig unstrittig. Ich wüsste auch niemanden, der ernsthaft dafür plädierte, Menschen zu Abschreckungszwecken ertrinken zu lassen. Nur handelt es sich eben bei der Aufnahme von Menschen, die Seenot durch das Besteigen von seeuntüchtigen und von Anfang an nicht für die Überfahrt geeigneten Booten gezielt herbeiführen oder zumindest in Kauf nehmen, nicht um die klassische Seenot im Sinne des Seerechts, sondern um Einreiseerzwingung in die EU.

Auch das – um es noch einmal ausdrücklich zu erwähnen – ändert nichts an der Pflicht zur Hilfeleistung. Nur darf es eben redlicherweise in der Debatte auch nicht verschwiegen werden. Die Schutzquoten, also der Anteil von Mittelmeermigranten, die am Ende tatsächlich Asyl oder subsidiären Schutz erhalten, liegen im unteren, einstelligen Prozentbereich. Gäbe es also eine Brücke über das Mittelmeer, erhielten die allermeisten von ihnen keine Einreise. Bei der Landung mit einem Flugzeug innerhalb der EU würde im sogenannten Flughafenverfahren innerhalb kurzer Zeit auf exterritorialem Gebiet die Ablehnung ausgesprochen und der Rückflug angesetzt.

Die Herbeiführung lebensgefährlicher Notlagen ist mithin zentraler Bestandteil der Einreiseerzwingung. Auch die Verwendung seetüchtiger Schiffe wäre für dieses Ziel ungeeignet, weil man diesen ganz legal die Einfahrt in die Hoheitsgewässer der EU untersagen könnte. Die katastrophalen humanitären Zustände in den libyschen Lagern für Migranten sind im Übrigen in Afrika durchaus bekannt, spielten schon beim EU-Afrika-Gipfel 2017 in Abijan (Elfenbeinküste) eine große Rolle, werden aber von Ausreisewilligen in Kauf genommen. Wie viele Menschen auf dem Weg durch die Sahara umkommen, ist nicht bekannt. Weil es davon keine Bilder gibt, nimmt Europa das kaum zur Kenntnis. Auch für Reporter ist dieses Terrain zu gefährlich.

Nimmt man all dies zur Kenntnis, so nähert man sich dem Kern des Problems mit der vermeintlichen Seenotrettung: Schon das Ablegen dieser Seelenverkäufer der Schlepper muss unterbunden werden. Es kann nicht unseren Maßstäben von Humanität genügen, dass in die EU kommt, wer sich in Lebensgefahr begibt und wer dies nicht tut, draußen bleibt. Der systematische Einsatz von Leib und Leben als Visumsersatz kann auch das Gewissen der selbsternannten Retter nicht beruhigen: Sie tragen dazu bei, dass die Methode (in einigen Fällen) funktioniert, in vielen zum Tode führt und in jedem Falle beibehalten wird.

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Politisch trägt die lebensgefährliche Migration über das Mittelmeer dazu bei, dass Europa erpresst und getrieben wird und für jeden sichtbar die Hoheit über seine Grenzen nicht durchsetzen kann. In der mittel- und langfristigen Wirkung wird die Akzeptanz für Migration mehr und mehr aufgebraucht, anstatt sie durch kontrollierte Migration für jene zu bewahren, die tatsächlich Schutz und Asyl benötigen.

Die Erfahrung, nicht zuletzt mit dem Türkei-Deal und mit der Schließung der Balkan-Route, hat gezeigt, dass sich Menschen nicht auf Wege machen, bei denen sie wissen, dass sie nicht ankommen. Das muss auch für die Todesroute über das Mittelmeer gelten. Nicht durch unterlassene Hilfeleistung, sondern gezielte Information, Hilfen und Rückkehranreize entlang der Fluchtrouten innerhalb Afrikas.

Hinzukommen muss endlich eine wirklich aktive und kraftvolle Mittelmeer-Politik der EU. Der Bürgerkrieg in Libyen wird weder einfach noch schnell zu beenden und das Land nur schwierig zu stabilisieren sein. Dennoch ist es mehr als überfällig, dass Europa mit seiner Wirtschafts- und mit seiner politischen Kraft den Mittelmeerraum inklusive Nordafrikas als Zone seiner vitalen Interessen definiert. Infrastrukturprojekte, Verkehrsadern und andere Ansiedelungsanreize könnten dort eine Art Sonderwirtschaftszone entstehen lassen, in der auch Migranten aus Innerafrika Möglichkeiten finden, ihre Familien zu versorgen, ohne dafür ihr Leben zu riskieren und Schlepper reich machen zu müssen.

Denn eines ist auch klar: Durch einfache Aufnahme wird der Migrationsdruck aus Afrika nicht zu bewältigen sein. Ganz gleich, ob es nun einen EU-weiten Verteilmechanismus nach Quoten auf alle Länder gibt oder nicht. Die sogenannte Sekundärmigration innerhalb Europas führt schon jetzt dazu, dass Deutschland die größte Last zu tragen hat. Wer Verteilquoten will, müsste dann konsequenterweise auch Kontrollen an den Binnengrenzen und Zurückweisung an denselben fordern, damit die zugewiesenen Ländern nicht verlassen werden. Das dürfte mehr als schwierig werden.

Die Schlüsselworte heißen aktiver, robuster Außengrenzschutz und effiziente, wirkungsvolle Entwicklungspolitik im Dienste unserer europäischen Interessen.

Die aktuelle Berichterstattung zum Thema finden Sie hier.

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