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Politik - 11.12.2018

Unterhaus soll bis zum 21. Januar abstimmen

May-Kritiker laufen Sturm: »Blast das ganze ab

Die britische Regierungschefin Theresa May will dem Parlament ihr Abkommen zum EU-Austritt bis zum 21. Januar zur Abstimmung vorlegen.

Die Abstimmung im Unterhaus werde „vor dem 21. Januar“ stattfinden, teilte Mays Sprecher am Dienstag in London mit.

Die ursprünglich für diesen Dienstag geplante Abstimmung über das Brexit-Abkommen im Unterhaus hatte May am Montag in Erwartung einer sicheren Niederlage verschoben.

Für May könnte es die letzte Runde im Brexit-Poker sein: Die Premierministerin ist auf dem Weg zu Krisengesprächen, will sich in Deutschland und den Niederlanden Rat holen und über mögliche Nachverhandlungen zum Brexit-Deal mit der EU sprechen.

Währenddessen laufen ihre Kritiker zu Hause Sturm.

Jacob Rees-Mogg, Abgeordneter der Konservativen und schärfster May-Kritiker, warf der Premierministerin nach einem Bericht der „Daily Mail“ vor, mit der Verzögerungstaktik eine „nationale Erniedrigung“ herbeizuführen.

Aus Kabinettskreisen heißt es außerdem, die Stimmung werde immer schlechter. Viele würden resignieren, seien zunehmend genervt.

Das sagt die britische Presse

Die Kommentare in den britischen Zeitungen fallen ähnlich aus:

Für den „Daily Telegraph“ hängt die Macht Mays am seidenen Faden. Ihre eigenen Abgeordneten würden ihr nicht länger trauen. Sie sprächen gar davon, dass May sie „zum Henker“ führe. Und ein Kommentar fragt: „Um Gottes Willen, was für eine neue Brexit-Hölle ist das?“

Der „Independent“ titelt forsch: „Blast das ganze Ding ab.“ In einem Kommentar verweist das Blatt auf eine Umfrage, nach der bei der Bevölkerung die Skepsis gegenüber einem Ausstieg aus der Europäischen Union wächst.

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— The Independent (@Independent) December 11, 2018

Die „Sun“ spielt mit ihrer Schlagzeile „Brexmas turkey“ auf die weitere Verzögerung bis nach Weihnachten an. Denn zwischen dem 20. Dezember und dem 7. Januar 2019 wird das britische Parlament nicht zusammenkommen. Dass eine Einigung noch im Dezember passiert, gilt als äußerst unwahrscheinlich. May sprach sogar von Ende Januar.

Laut der „Times“ aus London könnte die Verzögerung May am Ende doch helfen: „Wenn der Deal dann erneut vor das Parlament kommt, werden die Abgeordneten noch weniger Zeit haben, um parteiübergreifende Allianzen für einen weicheren Brexit oder ein zweites EU-Referendum zu schmieden. Auf diese Weise will sie die früher von ihre ausgemachten drei Brexit-Optionen auf nur noch zwei reduzieren: ihr Deal oder kein Deal.“

Tuesday’s @DailyMailUK #MailFrontPages pic.twitter.com/sVMRBJ2eRR

— Daily Mail U.K. (@DailyMailUK) December 10, 2018

▶︎ Und die „Daily Mail“ hält Mays Verhandlungsreise nach Deutschland für einen „letzten Würfel-Wurf“. Allerdings könnte sie von Kanzlerin Angela Merkel Unterstützung bekommen, sie gilt unter den Briten als Vermittlerin, ganz im Gegensatz zu Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.

EU-Marathon für May

May plant heute einen ganzen Termin-Marathon mit Vertretern der EU. Am Morgen trifft sich die Premierministerin mit dem Regierungschef der Niederlande, Mark Rutte. Gegen 13 Uhr wird sie dann in Berlin von Kanzlerin Angela Merkel erwartet.

Um 17 Uhr will sie außerdem EU-Ratspräsident Donald Tusk in Brüssel treffen. Das teilte Tusks Sprecher am Morgen auf Twitter mit. Außerdem war ein Treffen Mays mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker für den Abend ins Auge gefasst.

Nach einer dreistündigen Sitzung hatte May am Montag die für heute geplante Abstimmung über ein Brexit-Abkommen im britischen Parlament verschoben. Einen neuen Termin gibt es nicht.

Oppositionsführer Jeremy Corbyn (Labour) sagte gestern, Mays Brexit-Plan sei so katastrophal, dass ihre Regierung nun den verzweifelten Schritt unternehme, die Abstimmung zu verschieben. „Wir haben keine funktionierende Regierung“, sagte er.

Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon warf May sogar Feigheit vor: Die Vereinbarung müsse unverzüglich dem Unterhaus zur Abstimmung vorgelegt werden, damit sie dort dann abgelehnt werden könne, sagte Sturgeon, die einen Verbleib Schottlands in der EU notfalls durch ein zweites Unabhängigkeitsreferendum erzwingen will.

Auch Deutschland gegen Nachverhandlungen

Die Reaktion aus Brüssel kam postwendend. Am Montag hat EU-Ratspräsident Tusk für Donnerstag einen Brexit-Gipfel einberufen – ohne Großbritannien. „Wir werden den Deal nicht neu verhandeln“, twitterte Tusk. Allerdings sei die EU bereit zu Gesprächen darüber, „wie die britische Ratifizierung erleichtert werden kann“. Da gleichzeitig die Zeit ablaufe, müsse auch das Szenario geklärt werden, nach dem Großbritannien ohne feste Regeln aussteigt.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker schloss am Dienstag vor seinem Treffen mit May Änderungen beim Deal kategorisch aus: „Es gibt nicht den geringsten Spielraum für Nachverhandlungen.“ Er sehe allerhöchstens Raum für „Klarstellungen“.

Nein zu Nachverhandlungen sagten auch der dänische Außenminister, der österreichische Europaminister und die französische Europastaatsministerin.

▶︎ Aus Deutschland bekommt May ebenfalls nur Absagen: Der zuständige Staatsminister aus dem Auswärtigen Amt, Michael Roth, sagte, er sehe keinen Möglichkeit für Änderungen. Im Gegenteil: Er forderte Großbritannien auf, seine Hausaufgaben in Sachen Brexit zu machen.

FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff schätzt Mays Chancen auf einen neuen Deal als verschwindend gering ein. Der Außenpolitiker sagt MDR Aktuell, die EU werde es nicht akzeptieren, in Irland eine harte Grenze zu errichten, „weil die Iren, die EU-Mitglied bleiben, dann eine ganz fürchterliche Lage hätten“. Martin Schulz, ehemaliger SPD-Chef und EU-Parlamentspräsident, sieht das genauso. „Ich glaube, dass Frau Merkel ihr sagen sollte und auch sagen wird, dass es Zugeständnisse nicht mehr geben wird“, sagte Schulz dem „Deutschlandfunk“.

Auch die CDU-Fraktionsspitze will den Deal nicht noch einmal aufschnüren. Es handele sich um ein ausbalanciertes Verhandlungsergebnis, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Grosse-Brömer (CDU). CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sprach gar von einer „Lust am Scheitern“ in London.

  • Poker um Brexit-Vereinbarung

    Merkel empfängt May zum Krisentreffen

    Nächste Runde im Brexit-Poker: Regierungschefin Theresa May ist unterwegs zu Krisengesprächen. Wichtigste Station: Berlin.

▶︎ Mays Verhalten ist auch eine Reaktion auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom Montagmorgen: Großbritannien kann demnach den Austritt aus der Europäischen Union ohne Zustimmung der übrigen EU-Länder einseitig stoppen, den Brexit bis zum Stichtag 29. März 2019 mit einer einfachen Erklärung abblasen.

Das Hick-Hack um die Brexit-Abstimmung im britischen Parlament hat den Puls der Anleger in Europa in die Höhe getrieben. Sie zogen sich am Montag aus dem Pfund Sterling zurück und drückten die britische Währung auf ein Eineinhalb-Jahres-Tief von 1,2505 Dollar.

Auch an den Aktienmärkten standen die Zeichen auf Verkauf. Hier drückten zusätzlich der Handelsstreit zwischen den USA und China sowie eine mögliche Abkühlung der Weltkonjunktur auf die Stimmung, so Analysten.

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