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Wirtschaft - 12.01.2019

Was lange Schlangen an Mexikos Tankstellen mit dem Kampf gegen die Korruption zu tun haben

Ein Plan der Regierung gegen Benzinklau im großen Stil hat zu Lieferengpässen geführt. In der Bevölkerung regt sich Unmut; die Regierung aber beschwichtigt. Aus Mexiko-Stadt Andreas Knobloch.

An vielen Tankstellen Mexikos ist zum Anfang des neuen Jahres das Benzin knapp geworden. „Es gibt enorm lange Schlangen und du weißt nie, ob und wieviel Benzin du bekommst“, sagt Guenady Montoya, Angestellter aus Toluca. „Zum Teil verkaufen sie dir nur zehn, zwanzig Liter – damit kannst du den Tank natürlich nicht füllen. Und du weißt nie, wie lange das Benzin reicht.“

Die Benzinknappheit hat zu teilweise chaotischen Zuständen, Panikkäufen und Unmut geführt. Viele Tankstellen in mehreren Bundesstaaten blieben geschlossen; vor anderen bildeten sich zum Teil Kilometer lange Schlangen. In Guadalajara im Bundesstaat Jalisco hatten am Wochenende nur 40 Prozent der 450 Tankstellen Benzin; in León im Bundesstaat Guanajuato waren es nur 22 von 200. In Morelia, Michoacán, wiederum hatten mehr als eine Million Schüler sowie Tausende Angestellte Probleme in die Schule bzw. an ihre Arbeitsplätze zu kommen: Viele Busse fuhren wegen der Benzinknappheit nicht.

Logistik nicht bedacht?

Energieministerin Rocío Nahle gestand in einem Radiointerview mögliche Probleme bei der Verteilung von Treibstoff ein: „Möglicherweise hatten wir zum Zeitpunkt der Berechnung nicht ausreichend Logistik für die Versorgung der Tankstellen mit Kesselwagen.“ Dies habe zu dem Benzin- und Dieselmangel in verschiedenen Regionen des Landes geführt.

Warten auf die nächste Lieferung: Kundschaft an einer Tankstelle in Morelia

Huachicoleo, wie der Benzinraub in Mexiko genannt wird (geraubtes Benzin wird als huachicol bezeichnet), hat in den vergangenen Jahren gewaltige Ausmaße angenommen. Allein im abgelaufenen Jahr 2018 gingen dem staatlichen Erdölkonzern Petróleos Mexicanos (Pemex) geschätzte drei Milliarden US-Dollar verloren.

Am 20. Dezember implementierte die Regierung des neuen Präsidenten Andrés Manuel López Obrador einen Aktionsplan gegen Benzinraub. Dieser sieht vor, das Benzin zeitweilig statt über Pipelines „sicher“ in Fässern und Tankwagen an die Zapfstationen zu liefern. Nahle hob hervor, dass es die Versorgungsprobleme vor allem in Regionen gab, wo eine größere Anzahl illegaler Entnahmen registriert wurde. In Mexiko-Stadt, Veracruz oder Yucatán habe es es keine Benzinknappheit gegeben, so die Ministerin. „Die Sache ist hart, denn alle, die Benzin geklaut und verkauft haben, werden festgenommen“, so Guenady Montoya. „Die Mehrzahl der Tankstellen haben gestohlenen Treibstoff verkauft.“ Experten geben allerdings zu bedenken, dass viele Tankstellenbesitzer erpresst wurden, geklauten Treibstoff zu vertreiben.

Der Präsident verteidigt seinen Plan

Angesichts der Lieferengpässe in verschiedenen Landesteilen versucht Präsident López Obrador die Gemüter zu beruhigen. Es handele sich um eine „vorübergehende Situation, bis wir das Problem des Benzinraubs gelöst haben“. Es gebe ausreichend Benzin im Land. „Es wäre ein Leichtes, die Pipelines zu öffnen und zu sagen, dass sich die Situation normalisiert hat, aber das würde bedeuten, den Raub wissentlich aufrechtzuerhalten, d.h., zu akzeptieren, zu tolerieren. Das werden wir nicht tun.“

Ausverkauft: Kein Benzin mehr an dieser Tankstelle, ebenfalls in Morelia

Der Regierungsplan sieht zudem die Überwachung von Raffinierien und Ölanlagen durch die Armee vor. Rund 4000 Soldaten sollen 58 Pemex-Einrichtungen schützen. Darüber hinaus laufen Untersuchungen gegen Pemex-Manager, die in den Benzinraub verwickelt sein sollen. Ende Dezember hatte López Obrador erklärt, dass innerhalb des Ölkonzerns ein Netzwerk aufgedeckt worden sei, das Treibstoff abgezweigt und vertrieben habe. Drei Beamte wurden festgenommen; ermittelt wird auch gegen den Pemex-Sicherheitschef Eduardo León Trauwitz. Dieser war Chef-Leibwächter von Ex-Präsident Enrique Peña Nieto, als dieser Gouverneur des Bundesstaates Estado de México war. Es gehe darum, „ein korruptes System von der Wurzel an auszumerzen“, das eng mit der öffentlichen Verwaltung verwoben ist, so López Obrador.

Drogenmafia mischt mit

Auch die mexikanischen Drogenkartelle, die in den vergangenen Jahren ihre Geschäftsfelder diversifiziert haben, mischen in dem Milliardengeschäft Benzinraub mit. Vor einigen Jahren noch war der organisierte Diebstahl von Treibstoff ein Sekundärgeschäft und diente den Kartellen vor allem, ihre LKW- und Flugzeugflotten zu versorgen. Im Januar 2017 dann liberalisierte der damalige Präsident Peña Nieto die Benzin- und Gaspreise, die daraufhin in die Höhe schnellten und Benzinraub zu einem (noch) lukrativeren Geschäft machten. Auch lokale und regionale Banden beteiligen sich seitdem am Huachicoleo – und bescherten Pemex Milliardenverluste.

Der gerade ins Amt gekommene Präsident López Obrador hält dies allerdings für eine „Vernebelung“, eine „Farce“, um die Beteiligung der Regierung zu verschleiern. Es habe Komplizenschaft innerhalb von Pemex gegeben, denn dort werde das gesamte Leitungssystem verwaltet; „dort fällt es auf, wenn der Leitungsdruck abfällt, weil der Brennstoff in parallele Netze umgeleitet wird, die zu diesem Zweck geschaffen wurden“. Das Ziel der Aktion beschreibt Lopz Obrador so: „Bei Pemex herrschte eine vollständige Komplizenschaft; und das ist es, was wir korrigieren.“

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