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Politik - 10.07.2019

Verhaftungswelle gegen 260 Erdogan-Gegner

Erdogan schlägt wieder zu! Auch nach der Klatsche seiner Partei bei den Wahlen um das Bürgermeisteramt in Istanbul setzt seine Regierung seine „Säuberungswelle“ gegen unliebsame Leute fort.

Fast drei Jahre nach dem Putschversuch in der Türkei sucht die Regierung weiter intensiv nach angeblichen Mitverschwörern – und geht juristisch gegen sie vor.

So auch heute: Allein am Dienstag schrieben Staatsanwälte mindestens 260 Fahndungsbefehle aus, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtet. Davon 176 in Istanbul, 32 in Manisa und 32 bei der türkischen Luftwaffe in Ankara. Bis zum späten Vormittag hatten Sicherheitskräfte knapp 30 Menschen festgenommen.

Der Vorwurf an die Gesuchten: angebliche Verbindungen zur Bewegung des in den USA lebenden islamischen Predigers Fethullah Gülen. Den macht die Regierung für den Putschversuch von 2016 und die „jahrelange Infiltrierung“ von Armee, Polizei, Justiz und Ministerien verantwortlich.

  • Kritik aus Deutschland

    Erdogans Chef-Theologe hetzt gegen CSD

    Der Präsident der staatlichen türkischen Religionsbehörde „Diyanet“, Ali Erbas (58), kritisiert die CSD-Demonstrationen als „Ketzerei“.

  • Nach Debakel für Erdogan

    Seltsamer Wachsweich-Auftritt nach Wahl-Klatsche

    So kennt man ihn ja gar nicht! In seiner ersten Rede nach der verlorenen Istanbul-Wahl verkniff sich Erdogan jede Attacke auf Gegner.

Die Regierung konzentriert sich bei ihren Ermittlungen stark auf die Sicherheitskräfte. So waren auch diesmal unter den Verdächtigen wieder viele Soldaten.

Unter den derzeit Inhaftierten seien mehr als 4400 Polizisten, wie Präsident Recep Tayyip Erdogan im April bei einer Ansprache gesagt hatte. Insgesamt seien rund 31 000 Mitarbeiter der Polizei ihres Amtes enthoben worden, außerdem mehr als 15 000 Angehörige des Militärs.

Und die Bilanz insgesamt: Seit dem Putschversuch sind nach Regierungsangaben vom März rund 500 000 Menschen wegen angeblicher Gülen-Verbindungen festgenommen worden – rund 30 000 von ihnen sollen weiter in Haft sein.

Doch die Verhaftungen gehen weiter: Allein in der vergangenen Woche waren Anadolu-Berichten zufolge 282 Menschen festgenommen worden. In der Woche davor waren es 200 Menschen.

Menschenrechtsgericht: Türkei muss Demirtas entschädigen

Eine Verurteilung des pro-kurdischen Politikers Selahattin Demirtas wegen einer Aussage im Fernsehen hat nach einem Gerichtsentscheid gegen sein Recht auf freie Meinungsäußerung verstoßen.

Die Türkei müsse dem derzeit inhaftieren Demirtas deshalb insgesamt 3500 Euro Entschädigung zahlen, entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) am Dienstag in Straßburg.

Allerdings: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Beide Seiten haben drei Monate Zeit, um die Entscheidung an die höchste Instanz – die Große Kammer des EGMR – verweisen zu lassen.

Dabei laufen gegen den Ex-Chef der großen pro-kurdischen Oppositionspartei HDP zahlreiche Prozesse in der Türkei. In diesem Fall geht es um eine zehnmonatige Haftstrafe wegen Terror-Propaganda, die ein Gericht in der türkischen Stadt Diyarbakir 2010 verhängt hatte. Demirtas hatte laut Gerichtsunterlagen im Jahr 2005 in einem im Fernsehen übertragenen Telefongespräch bessere Haftbedingungen für den im Gefängnis sitzenden PKK-Chef Abdullah Öcalan gefordert und die türkischen Behörden aufgefordert, eine friedliche Lösung mit Öcalan in Betracht zu ziehen. Die Haftstrafe wurde später ausgesetzt, Demirtas trat sie nie an.

Demirtas sitzt derzeit aufgrund des Hauptverfahrens seit November 2016 in U-Haft. Ihm werden unter anderem Leitung einer Terrororganisation und Terrorpropaganda vorgeworfen.

Ende November hatte der EGMR geurteilt, dass die lange Untersuchungshaft nicht gerechtfertigt sei und die Freilassung von Demirtas angeordnet. Die Türkei muss als Mitglied des Europarats Urteile des EGMR eigentlich umsetzen – Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte allerdings gesagt, er fühle sich an dieses nicht gebunden.

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