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Politik - 17.05.2019

Peinlicher Islam-Fehler bei TV-Schlacht um Europa

150 Minuten, 6 Kandidaten: Die deutschen Spitzenkandidaten der EU-Wahl debattierten sich im ZDF durch den Abend

Aufmarsch der Spitzenkandidaten im ZDF. Beim „TV-Duell zur Europawahl“ steigen die Chefs der Volksparteien und der Sozialdemokraten in den Ring. Zwei Stunden später tritt die Elite der anderen Parteien zum „Schlagabtausch“ an.

Die Kandidaten

  • Manfred Weber (46, CSU). Der Bayer will für die Europäische Volkspartei EVP neuer EU-Kommissionschef werden
  • Frans Timmermans (58, SPE). Der Holländer will das hohe Amt für die Sozialdemokratische Partei Europas buchen
  • Nicola Beer (49, FDP). Die Ex-Generalsekretärin ist die Spitzenkandidatin der Liberalen
  • Özlem Demirel (35, Linke). Die Düsseldorferin mit türkischen Wurzeln führt die Liste der Sozialisten an
  • Ska Keller (37, Grüne). Die Fraktionschefin der Öko-Partei trägt den schönen katholischen Vornamen „Franziska“ 
  • Jörg Meuthen (57, AfD). Der Bundessprecher der Rechtspartei arbeitet an einem Bündnis aller Gleichgesinnten in ganz Europa

Die Gastgeber

  • Ingrid Thurnher (56) ist Chefredakteurin heim Österreichischen Rundfunk (ORF III)
  • Peter Frey (61) ist Chefredakteur des ZDF
  • Matthias Fornoff (55) leitet die ZDF-Hauptredaktion „Politik und Zeitgeschehen“

150 Minuten Politik pur! Wie schnell dreht sich heute das Zoff-O-Meter?

  • TV-Schlacht um Europa

    Schrille Warnung vor „Game of Thrones“-Szenario

    Für viele eine der größten Ängste – zerstreiten sich die Mitgliedsstaaten der EU genauso, wie die Briten? Das sagen die Spitzenkandidaten.

Die Gegner im Vergleich

Outfit, Taktik? Timmermans trägt Schlips, Weber lässt den Kragen offen und seinen Gegner geduldig ausreden. Der Holländer dagegen funkt ständig dazwischen, besonders gern, wenn das Publikum dem Deutschen applaudieren will.

Weber sagt „lieber Frans“, Timmermans redet über seinen Gegner konsequent unhöflich in der dritten Person: „Der Herr Weber“.

Direkteste Frage

Wie wird die EU gegen das Steuerparadies Niederlande vorgehen? – will der ZDF-Moderator wissen.

Volltreffer! Timmermans gerät gleich ins Schwimmen.

Dann aber rettet sich der Europa-Routinier durch den beliebten Blitzableiter für alle Fragen nach der Steuergerechtigkeit: die großen US-Konzerne. Durch Big Tech habe sich die Wirtschaft geändert, sagte der Holländer, und damit auch die Steuerpolitik seines Landes. Hm.

Heftigste Attacke

Weber verlangt eine Digitalsteuer für Internetunternehmer und kritisiert das Verhalten der SPD-Justizministerin im Streit um das neue Gesetz zum Schutz der Rechte von Künstlern, Journalisten und Schriftstellern.

„Katharina Barley hat in Brüssel für dieses Gesetz gestimmt und dann beim SPD-Kongress in Berlin aber gegen das Copyright argumentiert“, schimpft er und fordert: „Wir müssen ehrlich mit den Menschen umgehen!“
 
Aber wie Barley möchte auch Timmermans die vielen Fans eines völlig schrankenlosen Internets nicht vergraulen: „Es gibt ganz verschiedene Meinungen“, sagt er. „Das Thema ist in Deutschland wichtig, aber in Europa nicht …“

Witzigster Dialog

Frey vergleicht das Zeitkonto der beiden Politiker. Weber steht bei über 13 Minuten, Timmermans erst bei zwölf. „Der spricht immer mehr als ich!“ beschwert sich der Holländer im Scherz. „Ich habe eben die besseren Argumente!“ lacht Weber.

Bester Konter

Beim Thema „Kopftuch“ setzt Timmermans auf echt sozialistische Gleichmacherei: „Ist die Kippa der Juden in der Schule verboten?“ fragt er süffisant. „Soll ich meiner Tochter verbieten, ein Kreuz zu tragen?“

Weber hat die passende Gegenfrage: „Was sagen Sie, wenn ein muslimisches Mädchen wegen der Religion ihrer Eltern nicht schwimmen lernen darf?“

  • Kampf gegen Antisemitismus

    Leo-Baeck-Preis für Mathias Döpfner

    Der Zentralrat der Juden in Deutschland verlieh Mathias Döpfner seine höchste Auszeichnung, den Leo-Baeck-Preis.

Peinlichste Korrektur

Frey stellt die Gretchenfrage: „Gehört der Islam zu Europa?“ Timmermans lächelt: „Seit 2000 Jahren!“

Wie bitte? Schuf Mohammed seine Religion nicht erst um das Jahr 620 n. Chr. in Mekka?

Zu spät erkennt der Holländer seinen peinlichen Fehler und verbessert sich rasch: Seit 1500 Jahren!“

Und das war nicht immer positiv: Spanier, Ungarn oder Griechen wurden Jahrhunderte lang von arabischen und türkischen Eroberern tyrannisiert.

Wichtigstes Thema

Die Diskussion um die Kurzflüge: Frans Timmermans macht sich für eine Abschaffung von Kurzstreckenflügen stark. Allerdings forderte er als Ersatz gute Bahnverbindungen.

Sein christdemokratischer Kontrahent Manfred Weber äußert sich etwas vorsichtiger. Er will Kurzstreckenflüge nicht gesetzlich abschaffen, doch plädierte auch er dafür, sie „durch eine gute Bahn“ zu ersetzen.

Einig zeigen sich die beiden Spitzenkandidaten bei der Ablehnung der Atomkraft. Weber fordert einheitliche europäische Sicherheitsstandards für Kernkraftwerke. Bisher liegt dies in der Hand der nationalen Behörden. Die Zukunft liegt ohnehin in einer eigenständigen europäischen Energieversorgung durch erneuerbare Energien.
Timmermans sagt: „Ich habe Deutschland immer bewundert für den Atomausstieg.“ Deutschland hat den Weg gezeigt. „Ich hoffe, andere werden folgen“, sagte der Niederländer.

Härtester Schlagabtausch

Weber nimmt die Idee auseinander, Liberale und Linke könnten gemeinsam eine Kommissionspräsidentin durchsetzen: „Tsipras und Macron, das wäre wie Wagenknecht und Lindner!“ Timmermans funkt ihm dazwischen: „Und Sie sind mit Orban in einer Fraktion!“

Das Publikum amüsiert sich, und Weber ärgert sich: „Lieber Frans, das war jetzt ein einfacher Lacher. Du weißt ganz genau, wie sich Orban mir gegenüber positioniert hat! Ich weiß nicht, wie sich die rumänischen Sozialisten zu dir positionieren…“

Uff! Orban lehnt es ab, Weber zu wählen, und die rumänischen Sozialisten sind wegen ihrer Korruptionsaffären zurzeit die Schmuddelkinder Europas. Haust du meinen Esel, hau ich deinen …

Pfiffigste Antwort

„Was spricht gegen eine Frau als Kommissionspräsidentin?“ fragt Frey. „Nichts“, antwortet Timmermans. „Aber man kann auch einen Feministen da hinsetzen – mich!“

Dann wird das Duell zum Vierkampf:

Die Regie hat den AfD-Mann als Linksaußen aufgestellt. Die Liberale und die Grüne tragen Rot. Moderator Fornoff startet mit Meuthens kleiner Selbstverspottung als „Jörg allein zu Haus“: Alle seine sechs Parteifreunde im EU-Parlament sind inzwischen ausgetreten. 

Härteste Alternative

Der AfD-Chef sieht in der Flüchtlingskrise zwei Möglichkeiten: Alle reinlassen, dann ertrinke auch keiner mehr. Oder alle Geretteten sofort zurückschaffen: „Wenn wir das sechs, acht Wochen durchhalten, kommt keiner mehr.“

„Skandal!“ schnaubt die Linke neben ihn. Sie möchte lieber Fluchtursachen bekämpfen. Nach ihrer Meinung sind das Freihandelsverträge, Waffenexporte und der Klimawandel.

Vernünftigste Vorschläge

FDP-Beer fordert ein „Einwanderungsrecht in unseren Arbeitsmarkt nach einem Punktesystem“ und meint: „Wie viele kommen dürfen, müssen die EU-Mitgliedsstaaten dann selber festlegen!“
 
Zur Forderung nach Sanktionen gegen aufnahmeunwillige Länder wie Ungarn sagt die Liberale: „Das könnte man kompensieren durch höhere Beiträge dieser Staaten zur Grenzsicherung.“

Klarste Kante

„Es ist ein Irrtum, zu glauben, dass wir mit den Vereinigten Staaten von Europa die Probleme besser lösen!“ sagt Meuthen. Allerdings: „Der Binnenmarkt ist richtig und gut.“

Die Linke findet es „falsch, zu denken, dass Grenzschutz Sicherheit schafft“. Und sie will zwar mehr direkte Demokratie, aber „die Flüchtlinge nicht zum Thema von Volksabstimmungen machen“.

Schönster Versprecher

Moderator Fornoff leitet die nächste Fragerunde ein: „Die linken und die rechten Populisten zählen zu den Hauptproblemen der EU, sagt die AfD.“ Meuthen macht große Augen, und der ZDF-Mann verbessert sich schnell: „Sagt die FDP!“

„Der war gut!“ grinst der AfD-Mann.

Vollmundigste Ankündigung

Dann darf Meuthen in rechten Visionen schwelgen: Die AfD werde mit der italienischen Lega, dem französischen Rassemblement National und der FPÖ zusammengehen.

„Fraktionsstärke haben wir schon jetzt!“ freut er sich. „Und wir werden wachsen! Diese Bewegung wird stärker werden!“

Zum Dexit sagt Meuthen: „Wir wollen den Austritt Deutschlands aus der EU nicht, denn wir sehen die Errungenschaften. Aber dieser fatale Irrweg muss enden!“

Naivste Forderung

Keller spielt mal wieder die klarsichtige Welthüterin. „Wir brauchen ein Auto für alle, das elektrisch fährt“, sagt die Grüne einfach so, „und auch ein paar Ladestationen…“

Die Linke bedient sich voll an der intellektuellen Bückware, lobt unvermittelt die „Friday-for-Future“-Bewegung über den grünen Klee und räumt prompt den größten Beifall des Abends ab.

„Beim Klimawandel wird viel zu emotional, mit Glaubensbekenntnissen gearbeitet!“ meckert Meuthen ärgerlich.

Wichtigste Forderung

„Diese Wahl ist eine Klimawahl!“ sagt die Grüne.
 
FDP-Beer möchte „Geld und Technik aus Europa in alle Regionen des Erdballs investieren“, denn das funktioniere „viel schneller, viel nachhaltiger“. Ihr Credo: „Das Klima ist global, und wir müssen global denken, auch in der EU!“

Zitat des Abends

„Mein Europa ist ein Europa, in dem zusammenwächst, was zusammengehört, damit die Menschen eine selbstbestimmte Zukunft haben.“ (Beer)

Fazit

Das Duell der Giganten bot Infos und auch Emotionen, die Viererbande lieferte alles eine Nummer kleiner, und wer durchhielt, war hinterher schlauer. Das war ein Talk der Kategorie „Wahlfang“.

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