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Kultur - 06.12.2018

Amerikas Hinterhof

Im Kino: Denzel Washingtons Oscar-Favorit „Fences“ erzählt von Rassismus damals und heute. Hollywood-Starkino mit einer ausschließlich schwarzen Besetzung.

Ende des amerikanischen Traums. Denzel Washington und Viola Davis.

Es gibt einen Protagonisten in Denzel Washingtons Film „Fences“, der im Abspann nicht genannt wird. Gemeint ist der Hinterhof eines kleinen Häuschens im Pittsburgh der fünfziger Jahre, der buchstäblich zur Bühne wird für den ehemaligen Baseballstar Troy Maxson (Denzel Washington) und seine Frau Rose (Viola Davis). Hier spielt ein Großteil von „Fences“. Die räumliche Beschränkung ist in der Vorlage des Films, dem Pulitzer-preisgekrönten Theaterstück von August Wilson, schon angelegt. Dem titelgebenden Zaun kommt eine doppelte Bedeutung zu: Er stellt einen Schutz- wie auch einen Ausschlussmechanismus dar.

„Fences“ erzählte die Geschichte einer schwarzen Familie im segregierten Nachkriegsamerika. Troy arbeitet nach dem vorzeitigen Ende seiner Baseballkarriere in der Negro League als Müllmann. Für das Scheitern seines Lebenstraums, in die Major League zu wechseln, macht er seine Hautfarbe verantwortlich. Seine Frustrationen projiziert der Familienvater insbesondere auf seinen jüngeren Sohn Cory (Jovan Adepo), dem ebenfalls eine vielversprechende Sportlerkarriere in Aussicht steht. Weil er seinem Sohn eine ähnliche Enttäuschung ersparen möchte, verbietet Troy ihm, für ein Football-Stipendium an einem College vorzusprechen.

Der Filmtitel als Metapher für die Situation vieler Afroamerikaner

„Er soll sich von meinem Leben so weit wie möglich entfernen“, erklärt Troy seiner Frau im Streit. So wird der Filmtitel zu einer Metapher für die Situation vieler Afroamerikaner. Jeden Tag nach der Arbeit steht Troy im Hinterhof und werkelt an einem realen wie metaphorischen Zaun, der seine Familie beschützen soll – und gleichzeitig ihn und seine Familie ausgrenzt. Troy fühlt sich um seinen Platz in der amerikanischen Gesellschaft betrogen.

„Meine Stücke sollen eine andere Sicht auf das schwarze Amerika ermöglichen“, hat der 2005 verstorbene Wilson einige Jahre vor seinem Tod in einem Interview gesagt. Doch in der Ära Barack Obamas hat sich die Kluft zwischen dem weißen und schwarzen Amerika eher noch vergrößert. Die Polizeigewalt schürt ein Klima der Angst, das Schulsystem benachteiligt afroamerikanische Jugendliche und der Anteil junger Schwarzer in den Gefängnissen hat ein Rekordhoch erreicht.

Einblicke in das Leben einer schwarzen Arbeiterfamilie

„Fences“ kommt zu einem Zeitpunkt in die Kinos, da der Rassismus in den USA so virulent ist wie vielleicht seit den sechziger Jahren nicht mehr. Wilson wollte zu einem besseren Verständnis afroamerikanischer Lebenswirklichkeit beitragen. Und er verfügte, dass seine Stücke nur von einem schwarzen Regisseur verfilmt werden dürften. „Fences“, für vier Oscars nominiert (unter anderem für Wilsons Vorlage), ist – ein Jahr nach der #Oscarssowhite-Kontroverse – der vorläufige Höhepunkt einer Reihe von Filmen und Serien, die den afroamerikanischen Alltag aus einer Binnenperspektive erzählen: Hollywood-Starkino mit einer ausschließlich schwarzen Besetzung.

Es wäre ein Leichtes, Washingtons Inszenierung als theaterhaft abzutun. Denn dem Film gelingt etwas, was im Hollywoodkino bisher undenkbar war: Er gewährt Einblicke in das Leben einer schwarzen Arbeiterfamilie. Die Kamera erzeugt eine schwindelerregende Nähe zu den Figuren, während Washington mit einem formidablen Gespür für Sprachrhythmus und Timing die Poesie aus den teilweise weitschweifigen Dialogen herauskitzelt.

Washingtons Adaption hebt Wilson, den bedeutendsten Chronisten des schwarzen Amerikas, auf eine Bühne mit den großen amerikanischen Dramatiker. Die ökonomischen und gesellschaftlichen Zäune, von denen sein Stück handelt, existieren noch immer. Dieser traurige Umstand verschafft „Fences“ eine so brennende Aktualität.

In 10 Berliner Kinos, OmU in 6 Kinos, OV: Cinestar Sony Center

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