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Politik - 25.01.2019

„Pawel wurde lebend gegrillt“

Polen trauert weiter um den ermordeten Bürgermeister von Danzig, Paweł Adamowicz (†53). Adamowicz wurde während einer Benefizveranstaltung auf offener Bühne niedergestochenen und erlag wenig später im Krankenhaus seinen Verletzungen.

Jetzt hat seine Witwe Magdalena ihr Schweigen gebrochen – und erhebt in einem TV-Interview schwere Vorwürfe was die Umstände der Tat angeht. Im Gespräch mit dem privaten polnischen Sender TVN24 wirft sie dem öffentlich-rechtlichen Konkurrenz-Sender TVP vor, für den Tod ihres Mannes verantwortlich zu sein.

Grund: In den TV-Beiträgen des regierungsnahen Senders sei gegen Adamowicz gehetzt worden.

Die Regierung und ihre „Regime-Medien“ hätten den Mörder damit inspiriert. TVP trage dafür „die Verantwortung“.

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Danzigs Bürgermeister gestorben

Quelle: Reuters
0:49 Min.

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Offen blieb zunächst, ob der Sender, der seit 1952 ausstrahlt und bis in die 90er-Jahre der einzige TV-Sender in Polen war, auch die Witwe verklagen wird.

Das staatliche Fernsehen habe mehr als 100 Beiträge ausgestrahlt, in denen ihr Mann verleumdet worden sei.

„Nur“ die Tat eines „Irren“?

Ihr Mann sei „an den Folgen eines politischen Mordes gestorben“, ist die Frau von Paweł Adamowicz überzeugt. „Dieser Mann erhielt keinen bestimmten Befehl, aber diese Rede des Hasses, einschließlich des politischen Hasses, veranlasste ihn, sich so und nicht anders zu verhalten“, sagte sie.

Sie forderte alle Menschen im Land auf, sich zu ändern, „höflicher und herzlicher“ zu werden. Auch die Medien müssten ihre Worte besser abwägen, denn: „Ein Wort kann töten.“

Der Bürgermeister von Danzig war seit 1998 im Amt und stand mit der regierenden PiS-Partei offen auf Kriegsfuß – er war der Liebling Liberaler und Linker im Land. Der festgenommene Tatverdächtige ist ein Ex-Häftling, der unmittelbar nach seiner Tat die oppositionelle Bürgerplattform bepöbelte, der der Bürgermeister angehörte.

Inzwischen hat die Mutter des Attentäters die Familie Adamowiczs um Vergebung gebeten: Ihr Sohn habe eine diagnostizierte paranoide Schizophrenie gehabt, sagte sie.

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„Kein Hass, aber Schmerzen“

Adamowicz’ Frau gab in dem Interview auch Einblicke in ihr Seelenleben: „Ich habe keinen Hass in meinem Herzen. Ich habe Schmerzen und Bedauern.“

Außerdem erklärte sie, warum sie ihre Einwilligung gegeben habe, dass ihr Mann, ein gebürtiger Danziger, einmal mehr – zum sechsten Mal – für das Amt des Bürgermeisters kandidierte – trotz der vielen Anfeindungen. „Die Bedingung für mich, dass Paweł nochmal bei der Wahl antritt, war, dass unsere ältere Tochter ins Ausland konnte. Damit sie nicht diesen Hass erlebt.“ Das Paar hatte zwei Töchter, Antonina (geb. 2003) und Teresa (geb. 2010).

„Unser Tochter ist sehr clever und sensibel und versteht eine Menge“, sagte Magdalena Adamowicz. „Ich wollte sie beschützen, da dies die schwierigste Zeit für sie wird. Deshalb haben wir beschlossen, dass sie für ein Jahr weggehen sollte, bis alles vorübergeht. Nach der Wahl bin ich zu ihr gegangen.“

Ihr Mann habe sie und ihre Töchter auch unterwiesen, wie sie sich „verhalten solle, wenn sie um sechs Uhr morgens an die Tür klopfen“, berichtete sie.

Wenn am Morgen ein Auto vorgefahren sei, habe sie sich gefragt „ob nicht Männer aussteigen würden, die Paweł auf den Boden werfen und ihn im Lichte der Kamera hinausführen. Wir hatten Angst“.

Bei der Beisetzung ihres Mannes am vergangenen Samstag sagte Magdalena Adamowicz noch:„Heute brauchen wir Stille. Aber Stille heißt nicht Schweigen.“

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