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Wirtschaft - 18.03.2019

Was bringt Pekings Investitionsschutzgesetz?

Was ist das jetzt in Peking verabschiedete Gesetz zum Schutz ausländischer Investitionen wert? Die Reaktionen westlicher Unternehmens- und Wirtschaftsverbände fallen ziemlich eindeutig aus.

Wenn man den Worten von Chinas Premierminister Li Kequiang Glauben schenkt, dann brechen für ausländische Unternehmen in China völlig neue Zeiten an. Denn künftig werde China, so Li, „die Rechte und Interessen ausländischer Investoren schützen“.  Nur zu diesem Zweck sei das neue Investitionsgesetz überhaupt vom Nationalen Volkskongress verabschiedet worden, beteuerte Li auf einer Pressekonferenz am Freitag in Peking.

Das, was künftig das „Foreign Investment Law“ sicherstellen soll, fordern westliche Firmen schon seit Jahrzehnten: Den Schutz vor unfairen Handelspraktiken, erzwungenem Technologietransfer oder dem Diebstahl geistigen Eigentums. Doch dass durch das neue Gesetz tatsächlich goldene Zeiten für westliche Unternehmen in China anbrechen – damit rechnet niemand.

Premierminister Li Keqiang verspricht eine weitere Öffnung des chinesischen Marktes

Die Europäische Handelskammer in Peking ist skeptisch. Es seien einfach zu viele Hintertüren für die Benachteiligung europäischer Unternehmen enthalten. So behalte sich die chinesische Seite vor, einseitig gegen ausländische Handels- und Investitionspartner vorzugehen, wenn diese – nach chinesischer Wahrnehmung – gegen das Prinzip eines fairen Gebens und Nehmens verstoßen: „Seine vage Formulierung trägt zusätzlich zur Rechtsunsicherheit bei, die das Gesetz für ausländische Unternehmen schafft“, kritisiert die Europäische Handelskammer.

Höfliches Lob von der US-Wirtschaftslobby

Jacob Parker vom US-China Business Council in Peking, das die Interessen von mehr als 200 amerikanischen Unternehmen in China vertritt, begrüßte, dass das Gesetz – wie von den USA gefordert – einen besseren Schutz geistigen Eigentums vorsieht: „Die im Gesetz festgeschriebenen strafrechtlichen Sanktionen für die Weitergabe sensibler ausländischer Unternehmensinformationen schränken Fälschungen und den Diebstahl von geistigem Eigentum wesentlich härter ein. Das wird neue Wege zur Durchsetzung des Schutzes geistigen Eigentums eröffnen“, lobte er. Trotzdem sei es nach wie vor schwer für betroffene westliche Unternehmen, ihre Interessen vor chinesischen Gerichten durchzusetzen, räumte Parker ein.

„Welcher chinesische Strafverfolger wird schon gegen einen Funktionär der Partei vorgehen“, zitiert die Deutsche Presse-Agentur die rhetorische Frage eines US-Unternehmensvertreters.

Gesetz als Friedensgeste an die USA

US-Präsident Donald Trump hat den Chinesen immer wieder unfaire Handelspraktiken vorgeworfen. Dazu zählt er die massiven Subventionen für Chinas mehr als 100 große Staatskonzerne, die Bevorzugung von chinesischen Firmen bei Ausschreibungen und den Diebstahl geistigen Eigentums – vor allem von US-Hochtechnologie.

Diese unfairen Praktiken werden seit vielen Jahren auch von europäischen Firmen kritisiert, meint Andreas Langosch, der in Shanghai ein Verpackungsunternehmen führt. „Darüber haben sich auch europäische Firmen immer wieder beklagt in den vergangenen Jahren“, sagt er im Interview mit dem ARD-Hörfunkstudio in Shanghai. „Es wurde viel gestöhnt. Doch so richtig eingefordert, mit Vehemenz, wurden Veränderungen eben nicht. Donald Trump hingegen macht das mit einer ganz anderen Vehemenz, mit seinen Tweets und anderen Aktionen. Im Endeffekt werden wir als Europäer und auch als Deutsche davon profitieren.“

Das neue Gesetz soll künftig nicht nur dem erzwungenen Technologietransfer einen Riegel vorschieben – es soll ausländischen Firmen künftig ermöglichen, sich an Regierungs-Ausschreibungen zu beteiligen, kündigte der stellvertretende Handelsminister Wang Shouwen  an.

Trotzdem bleiben immer noch in 48 Wirtschaftssektoren die Ausländer außen vor. In diesen Schlüsselbranchen, die sich auf einer Negativ-Liste wiederfinden, bleiben ausländische Investitionen entweder ganz verboten oder benötigen eine besondere Genehmigung,  gab Wang am Rande des Volkskongresses auf einer Pressekonferenz bekannt.

Viele chinesische Staatsunternehmen – vor allem in der Schwerindustrie – gelten als nicht wettbewerbsfähig

Drahtseilakt zwischen Marktöffnung und Schutz maroder Staatsfirmen

Die Regierung in Peking steckt in einem Dilemma: Im Handelsstreit muss sie den USA sichtbar entgegen kommen, aber gleichzeitig kann sie ihre Unternehmen nicht von einem auf den anderen Tag den Kräften des freien Wettbewerbs aussetzen. Das würden, da sind sich die Experten in China und im Westen einig, vor allem die chinesischen Staatsbetriebe nicht überleben. Die Folgen wären ein massiver Anstieg der Arbeitslosigkeit, was soziale Unruhen auslösen könnte und die Allmacht der Kommunistischen Partei bedrohen würde. 

Deshalb habe die Parteispitze dafür gesorgt, dass sie die Fäden in der Hand behält, meint Katja Drinhausen vom Berliner China Think Tank Merics: „In allen Gesetzen und Regularien ist auch künftig immer ein großer Kontroll- und Anpassungsspielraum für die Kommunistische Partei Chinas (KPC) vorgesehen – wenn auch nicht explizit. Die Partei nutzt die rechtliche Formulierung von Kriterien für ein Eingreifen des Staates, um sich gegen Vorwürfe aus dem Ausland zu schützen, sie agiere willkürlich. In einem Artikel in der Partei-Zeitschrift Qiushi zur politischen Theorie bezeichnete Xi vor kurzem das „Recht als Waffe in der Auseinandersetzung mit dem Ausland“. Wie die Sicherheitsprüfung für ausländische Investitionen aussehen werde und was dies für ausländische Unternehmen in der Praxis bedeutet, sei noch nicht absehbar, so Drinhausen.

Victor Shih: „In Wirklichkeit machen sie es für ausländische Unternehmen unerträglich“

Experte: Bevorzugung chinesischer Unternehmen geht weiter

Geht das Auslandsinvestitionsgesetz aber wenigstens in die richtige Richtung, um gleiche Bedingungen für ausländische und chinesische Investoren in China zu schaffen? Victor Shih vom 21st Century China Center an der Universität von Kalifornien in San Diego ist da mehr als skeptisch: „Die Antwort ist nein. Es spielt keine Rolle, was die chinesische Regierung zu Papier gebracht hat. China hat immer sehr erfolgreich Bestimmungen auf der unteren Ebene verändert, um die heimische Industrie zu schützen.“

Viele Vorgaben seien nicht einmal gesetzlich geregelt, aber trotzdem Teil der Vorschriften. Und manchmal seien sie noch nicht einmal in den Vorschriften schriftlich fixiert, erklärt Shih im Interview mit der DW. „Manchmal muss ein chinesisches Unternehmen nur einen Monat auf eine Regierungs-Genehmigung warten, um mit der Produktion loszulegen, während ein ausländisches Unternehmen sechs Monate warten muss. So halten sie sich streng genommen an alle Gesetze und Vorschriften, aber in Wirklichkeit machen sie es für ausländische Unternehmen unerträglich.“

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