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Wirtschaft - 13.03.2019

Portugal: Notgedrungen chinafreundlich?

Die EU hat Portugal in den Krisenjahren harte Sparauflagen gemacht. China hat in dieser Zeit viel in Portugal investiert. Jetzt spricht sich Portugals Ministerpräsident gegen einen härteren Kurs der EU gegen China aus.

Portugals Präsident Rebelo de Sousa empfängt Chinas Präsident Xi Jinping (r.) im Dezember 2018 in Lissabon

Das dürfte Europas Spitzenpolitiker geärgert haben: Zeitgleich mit der Ankündigung der rumänischen EU-Ratspräsidentschaft, die Union werde in Zukunft außereuropäische – sprich chinesische – Investitionen in europäische Schlüsselindustrien genauer überwachen, schoss António Costa quer.

Der Ministerpräsident Portugal verteidigte die Einkaufspolitik Chinas, die viele Europäer so beunruhigt: Kontrolle sei gut, dürfe aber nicht zu protektionistischen Maßnahmen führen, erklärte Costa der britischen Financial Times. „Unsere Erfahrung mit chinesischen Investitionen ist sehr positiv. Die Chinesen zeigen totalen Respekt vor unseren Gesetzen und den Regeln des Marktes.“

Seit der Wirtschaftskrise ab 2010 haben chinesische Firmen massiv in Portugal eingekauft: den vorher staatlichen Stromnetzbetreiber REN, die größten Versicherungsunternehmen, die größten privaten Krankenhäuser, Banken. Kritiker sprechen von einem Ausverkauf.

Chinesen kontrollieren zudem mehrere kleine Stromanbieter in Portugal. Zuletzt wollten sie auch die größte Elektrizitätsgesellschaft EDP schlucken. Der Übernahmeversuch ist bis jetzt nicht gelungen – wohl auch, weil die USA Bedenken angemeldet haben. Die EDP ist auch dort aktiv.

Chinesische Banken, hier die Haitong-Bank, gehören in Lissabon inzwischen zum Stadtbild

Trojanisches Pferd?

Und so gibt es zunehmend Bedenken, ob Portugal eigentlich noch auf Seiten der EU steht, wenn es um chinesische Interessen geht. „António Costa ist in der EU nicht etwa das Trojanische Pferd der Chinesen. Er ist ihr Schlachtross“, sagt João Duque, Professor an der Wirtschaftshochschule ISEG in Lissabon.

Schon seit Jahren oute sich der portugiesische Regierungschef immer wieder als Chinafreund und -versteher. Noch vor kurzem dankte ihm das der chinesische Staatschef Xi Jinping mit einem Staatsbesuch in Portugal (Artikelbild). Die Beziehungen der beiden Länder, die seit 500 Jahren bestehen, waren nie besser.

China hat Portugal während der Krise massiv geholfen, etwa durch den Kauf portugiesischer Staatsanleihen, die sonst niemand wollte. Hilfe gab es zwar auch von europäischer Seite, allerdings musste Portugal dafür Spar- und Reformauflagen der Troika erfüllen, so wurde das Dreigestirn aus Europäischer Zentralbank, EU-Kommission und Internationalem Währungsfonds (IWF) genannt.

„Die Troika hat Portugal den Chinesen regelrecht in die Arme getrieben“, klagt die portugiesische Europaabgeordnete Ana Gomes. Sie und viele Kollegen hätten damals immer wieder vor den Folgen gewarnt, die EU habe aber immer nur auf das freie Spiel der Märkte verwiesen: „Jetzt bekommt sie dafür die Quittung“, stellt Gomes trocken fest. Sie ist, wie Ministerpräsident Costa, Mitglied des Sozialistischen Partei.

Quittung für Fehler der EU

Dem Kurs ihres Genossen stimmt Ana Gomes trotzdem nicht zu. China sei ein Land, das die Menschenrechte missachte und mit seinen europäischen Investitionen politische Ziele verfolge, viele Konzerne seien im Staatsbesitz. Die müssten von europäischen Schlüsselindustrien ferngehalten werden, das habe nichts mit Protektionismus zu tun: „Darum muss ich Ministerpräsident Costa aufs heftigste widersprechen, wenn er jetzt China öffentlich in Schutz nimmt. Selbst wenn die EU das Handeln Chinas bis jetzt untätig zugelassen hat.“

Ilídio Serodio von der portugiesisch-chinesischen Handelskammer

Natürlich seien die chinesischen Großkonzerne Unternehmen, die ihren Einfluss weltweit ausbauen möchten, gibt auch Ilídio Serodio von der portugiesisch-chinesischen Handelskammer in Lissabon zu. Sie hätten sich über kleine EU-Länder wie Portugal und Griechenland großen Einfluss in Europa gesichert, gleichzeitig aber auch diesen Ländern Wirtschaftsvorteile gebracht. „Portugal kann mit einer guten Beziehung zu China nur gewinnen“, meint der Unternehmer, allerdings sieht auch er in strategischen Bereichen Probleme.

Einfluss auf kleine Länder stärken

So versuche die Volksrepublik seit Jahren, auf den portugiesischen Azoreninseln Fuß zu fassen, habe dort sogar einen Hafen neben einer amerikanischen Luftwaffenbasis gekauft. „Die Chinesen wollen einen eigenen Stützpunkt im Atlantik, doch dazu dürfte es wohl eher nicht kommen“, so Serodio.

Die USA leisten dagegen mehr Widerstand als Portugal selbst – ähnlich wie beim Streit um die Beteiligung des Telekom-Ausrüsters Huawei an der 5G-Mobilfunktechnologie.

„Die Chinesen werden ohne Zweifel weiter in den kleinen EU-Ländern investieren, um ihren Einfluss auszubauen“, glaubt Serodio. Portugals Ministerpräsident Costa wisse das natürlich, sehe das aber zumindest im Augenblick nicht als Gefahr. „Unser Regierungschef ist eben sehr optimistisch“, sagt Serodio.

Der Wirtschaftsprofessor João Duque ist anderer Meinung: China habe während der Krise nicht nur massiv portugiesische Staatsschulden aufgekauft, sondern sich mit den Firmenübernahmen eine wichtige Machtposition gesichert: „Darum kann Portugal gar keine Position gegen die chinesische Expansionspolitik vertreten.“

Selbst schuld?

Wirtschaftsprofessor João Duque

Auch Duque verweist auf das bisherige Stillhalten der EU und gibt ihr eine Mitschuld an der Entwicklung. „Zuerst hat die EU das Land zu einem beispiellosen Ausverkauf gezwungen, jetzt klagt sie über die Konsequenzen.“

Die könnten, fürchtet Duque, sogar noch schlimmer ausfallen. Sollte sich die Weltkonjunktur weiter abkühlen und Portugal wieder in Schwierigkeiten kommen, könnte China erneut die Retterrolle übernehmen und sich noch mehr Einfluss sichern: „Vielleicht ist das öffentliche Eintreten des portugiesischen Ministerpräsidenten ja die Vorleistung für später wieder notwendige Finanzspritzen“, so der Ökonom.

Europa habe allen Grund, die engen Beziehungen zwischen Portugal und China kritisch zu betrachten. Auch wenn es an dem Liebesverhältnis letztlich selbst schuld sei.

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