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Politik - 14.01.2019

Wird der Brexitin letzter Minute verschoben?

Die Woche der Entscheidung im Brexit-Krimi: Morgen stimmt das britische Parlament darüber ab, ob der Brexit-Deal, den die Briten mit der EU ausgehandelt haben, zustande kommt oder nicht. Kurz vor dem Showdown gibt es neue Spekulationen:

Die Europäische Union rechnet damit, dass der Brexit doch nicht wie geplant Ende März stattfindet. Das schreibt der britische „Guardian“ und beruft sich auf hohe EU-Beamte. Brüssel hält es demnach für sehr unwahrscheinlich, dass die Frist eingehalten werden kann.

Das liege hauptsächlich an Theresa May und dem Widerstand gegen das von ihr ausgehandelte Brexit-Abkommen. Deshalb geht die EU davon aus, dass die britische Premierministerin bald einen Antrag einreichen und um eine Verschiebung des Austritts nach Artikel 50 der EU-Verfassung bitten wird.

▶︎ Dem Bericht zufolge könnte ein solcher Aufschub-Antrag auf offene Ohren in Brüssel stoßen. Eine „technische“ Verlängerung bis Juli wäre ein erster Schritt, um May Extrazeit zu geben, das jetzige Abkommen zu überarbeiten und bestätigen zu lassen. Geplant war der Austritt zum 29. März.

Ein EU-Beamter: „Sollte die Premierministerin politisch überleben und uns mitteilen, dass sie mehr Zeit braucht, um das Parlament von einem Deal zu überzeugen, wird ihr ein technischer Aufschub bis Juli angeboten.“

May hält Verschiebung für wahrscheinlich

Dass der Brexit tatsächlich verschoben wird, dafür spricht auch eine Rede der Premierministerin, die sie heute vor Fabrikarbeitern in Stoke-on-Trent halten will: Laut dem Manuskript, das der britischen Nachrichtenagentur PA vorliegt, warnt Theresa May darin vor einer Blockade des EU-Austrittsprozesses. Im Falle einer Ablehnung im Parlament hält sie eine Verschiebung für wahrscheinlicher als einen harten Ausstieg ohne Deal.

„Es gibt einige in Westminster, die den Brexit verzögern oder sogar stoppen wollen und die jedes ihnen zur Verfügung stehende Mittel nutzen werden, um dies zu tun“, heißt es im Rede-Manuskript. Die Abgeordneten werden dazu aufgefordert, „die Folgen ihres Handelns für den Glauben des britischen Volkes an unsere Demokratie zu berücksichtigen“.

▶︎ So ähnlich schreiben das auch mehr als hundert EU-Abgeordnete. Sie richten sich in einem offenen Brief an die Briten und bitten sie, doch im europäischen Staatenbund zu bleiben. „Wir bitten darum, im Interesse der nächsten Generation den Austritt zu überdenken“, zitiert die „Funke Mediengruppe“ aus dem Schreiben. „Jede britische Entscheidung, in der EU zu bleiben, würde von uns sehr begrüßt und wir würden mit Ihnen zusammenarbeiten, um die Europäische Union zu reformieren und zu verbessern.“

  • Appell von Parlamentariern

    EU-Bettel-Brief an Brexit-Briten

    In einem emotionalen Brief haben mehr als hundert Abgeordnete des EU-Parlaments die Briten gebeten, in der EU zu bleiben.

So läuft die Abstimmung im Parlament

Am Dienstagabend soll das britische Unterhaus über den von May und der EU ausgehandelten Vertrag abstimmen. So sieht der Zeitplan bis zur Abstimmung aus:

Am Montag geht die Brexit-Deal-Debatte im Unterhaus laut „Guardian“ in die vierte Runde. In der Nacht läuft die Frist aus, um Änderungen zum Brexit-Deal einzureichen.

Am Dienstag ist Tag der Entscheidung. Etwa hundert Abgeordnete aus Mays eigener Partei werden wohl gegen den Deal stimmen. Die Premierministerin hat laut „Guardian“ das letzte Wort, um 19 Uhr beginnt ihre Rede. Die Abstimmung über den May-Deal wird zwischen 20 und 21 Uhr erwartet. Der Oppositionsführer Jeremy Corbyn (Labour Party) könnte sofort ein Misstrauensvotum gegenüber May fordern, falls sie die Abstimmung nicht gewinnt. Das wäre laut „Guardian“ ein schwerer Verlust, May sähe sich Rücktrittsforderungen gegenüber.

▶︎ Momentan sieht es danach aus, dass das Unterhaus den Deal nicht annimmt. Denn bislang hat die Premierministerin es nicht geschafft, eine Mehrheit der Abgeordneten hinter sich zu bringen. Dass ihr das bis zur Abstimmung noch gelingt, ist unwahrscheinlich.

▶︎ Das größte Zoff-Thema im Brexit-Streit ist nämlich nach wie vor ungelöst: Es geht dabei um die Frage, wie die Kontrollen zwischen Nordirland (gehört dann zu Großbritannien) und Irland (gehört zur EU) aussehen sollen – und vor allem wie ein erneuter Konflikt auf der irischen Insel verhindert werden kann.

  • Die wichtigsten Fakten

    Das Brexit-Drama ganz einfach erklärt

    Bei den Austritts-Verhandlungen blicken selbst Experten teilweise nicht mehr durch. BILD erklärt, worum es beim aktuellen Streit geht.

Es ist zu erwarten, dass sich Brexit-Befürworter und -Gegner bis zum Schluss einen harten Kampf liefern werden. Der Riss geht auch durch die Regierung: Erst am Montag provozierte Mays Handelsminister Liam Fox die Premierministerin. Im Falle einer Ablehnung des Brexit-Deals im Unterhaus werden die Briten die EU ohne Abkommen verlassen, sagt Fox der BBC. Die britische Regierung wolle zwar einen Deal, bereite sich aber auch auf den gegenteiligen Fall vor. „Ich betrachte einen No-Deal nicht als nationalen Selbstmord.“

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