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Politik - 24.06.2019

Wer ist der Mann, der Erdogangefährlich werden kann?

Mit seinem Wahlsieg hat sich der passionierte Amateur-Fußballer in wenigen Monaten vom unbekannten Kommunalpolitiker zum neuen Star der Opposition entwickelt

Überraschend klar hat Oppositionskandidat Ekrem Imamoglu die Bürgermeisterwahl in Istanbul gewonnen und Präsident Recep Tayyip Erdogan mit seiner AKP so eine herbe Niederlage beschert.

Imamoglu, von der größten Oppositionspartei CHP, erhielt am Sonntag nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu rund 54,03 Prozent der Stimmen. Sein Gegner, der ehemalige Ministerpräsident und AKP-Kandidat Binali Yildirim, kam auf rund 45,09 Prozent.

Die Türkei hat einen neuen Hoffnungsträger!

Wer ist der Mann, der Erdogan jetzt gefährlich werden kann?

  • Tausende Menschen auf den Strassen

    So feiert Istanbul den Sieg über Erdogan

    Bei der Bürgermeisterwahl in Istanbul hat der Kandidat der Republikanischen Volkspartei (CHP), Ekrem Imamoglu, eine deutliche Mehrheit errungen.

So tickt Imamoglu

Ekrem Imamoglu hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass er an seinen erneuten Sieg bei der Bürgermeisterwahl in Istanbul glaubt.

„Alles wird sehr schön werden“, lautete der optimistische Slogan des Kandidaten der oppositionellen Republikanischen Volkspartei (CHP) vor dem Urnengang am Sonntag. Aber selbst er dürfte überrascht gewesen sein, wie klar sein Sieg ausfiel und wie schnell sein Rivale Binali Yildirim seine Niederlage anerkannte.

„Ich gratuliere ihm und wünsche ihm viel Glück“, sagte der Kandidat der regierenden Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) von Präsident Recep Tayyip Erdogan, kaum dass die ersten Ergebnisse verkündet waren. Der Ausgang der Wahl war allerdings auch so deutlich, dass es keinen Sinn machte, die Niederlage zu bestreiten. Mit 54 Prozent der Stimmen lag Imamoglu klar vorn – ganze 778 000 Stimmen vor seinem Rivalen Yildirim.

Bei der ersten Wahl am 31. März war das alles noch ganz anders. Damals hatte sich Yildirim kurz vor Mitternacht zum Sieger erklärt, obwohl noch nicht alle Stimmen ausgezählt worden waren. Am nächsten Morgen verkündete dann die Wahlkommission, dass Imamoglu mit einem hauchdünnen Vorsprung von 28 000 Stimmen führe. Die AKP wollte ihre Niederlage nicht anerkennen und warf der Opposition „Diebstahl an den Urnen“ vor.

Zwar zog Imamoglu Mitte April ins Rathaus ein, doch nach nur 18 Tagen im Amt annullierte die Wahlkommission unter dem Druck der AKP die Wahl. Der Istanbuler Lokalpolitiker ließ sich durch die umstrittene Entscheidung jedoch nicht entmutigen, sondern stürzte sich erneut in den Wahlkampf.

Der 49-jährige Familienvater präsentierte sich dabei als bodenständiger und zupackender Politiker, der die Sorgen der Bürger kennt.

Sein straff organisierter Wahlkampf fokussierte sich auf soziale Probleme wie Armut, Arbeitslosigkeit, Kinderbetreuung und die hohen Lebenshaltungskosten. „Wo Imamoglu ist, ist Hoffnung“, stand auf dem Bus, mit dem er wochenlang durch Istanbul tourte. Da die meisten Medien von der AKP kontrolliert werden, nutzte sein Team soziale Medien wie Twitter, Facebook und Instagram, um seine Botschaft zu verbreiten.

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    Oppositions-Kandidat Imamoglu (CHP) gewinnt mit deutlichem Vorsprung, nachdem sein knapper Sieg im März annulliert wurde.

Passionierter Amateur-Fußballer

Der Sohn einer frommen Familie vom Schwarzen Meer bemühte sich, die Polarisierung zu überwinden, die seit Jahren die türkische Gesellschaft prägt.

Imamoglu, dessen Name „Sohn des Imam“ bedeutet, betonte immer wieder seine religiöse Sozialisierung. Angesichts der Vorbehalte konservativer Türken gegenüber der säkularen Ausrichtung der einstigen Staatspartei CHP zeigte er sich demonstrativ beim Gebet.

Imamoglu ist im Istanbuler Stadtteil Beylikdüzü aufgewachsen, in dem viele religiöse und konservative Zuwanderer von der Schwarzmeerküste leben.

In dem Viertel am Westrand der Metropole begann der passionierte Amateur-Fußballer auch seine Laufbahn in der Baufirma seiner Familie.

Als er 2014 zum Bezirksbürgermeister von Beylikdüzü gewählt wurde, erarbeitete er sich rasch einen Ruf als lösungsorientierter Politiker.

Für Imamoglu ging es am Sonntag „nicht allein um eine Kommunalwahl“, sondern um „den Kampf für die Demokratie“. Die Opposition wirft Erdogan schon lange vor, mit seiner Politik die Demokratie zu untergraben. Die Annullierung der Wahl Ende März erschütterte ihr Vertrauen weiter. Die Abstimmung am Sonntag galt daher als Test, ob es in der Türkei noch einen Machtwechsel durch freie Wahlen geben kann.

Mit seinem Wahlsieg hat sich Imamoglu binnen weniger Monate von einem praktisch unbekannten Kommunalpolitiker zum neuen Star der Opposition entwickelt.

Manche sehen ihn als künftigen Herausforderer Erdogans. Dieser hatte 1994 selbst seine Karriere als Bürgermeister in Istanbul begonnen. „Wer Istanbul gewinnt, gewinnt die Türkei“, sagte er einmal. Viele CHP-Anhänger hoffen nun darauf, dass Imamoglu das gelingt.

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