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Politik - 09.06.2019

Warum es zwischen Italien und Frankreich ständig knallt

Fiat-Fiasko statt Fiat-Fusion.

Nach der geplatzten „Elefanten-Hochzeit“, der geplanten Fusion der Autokonzerne Fiat Chrysler (FCA) und Renault, kommen prompt die gegenseitigen Schuldzuweisungen.

Italien machte offiziell die französische Regierung für das Scheitern verantwortlich. „Es ist der Interventionismus des Staates, der diese Operation hat scheitern lassen“, behauptete Vize-Regierungschef und Wirtschaftsminister, Luigi Di Maio (32) von der Protestpartei „5 Sterne“. Und stichelte: „Frankreich hat keine gute Figur gemacht.“

Frankreich (hält rund 15 Prozent an der Renault-Gruppe) wies die Vorwürfe barsch zurück. Der französische Staat habe als Aktionär von Renault das Angebot mit Offenheit aufgenommen und „konstruktiv mit allen betroffenen Parteien zusammengearbeitet“, teilte Wirtschaftsminister Le Maire mit. Und schob Fiat den Schwarzen Peter zu: Der italienische Autobauer habe sein Angebot „überstürzt“ zurückgezogen.

Angeblich stellte sich Nissan quer

Wie es in der Mitteilung des Wirtschaftsministers weiter hieß, habe Frankreich für die Fusion vier Bedingungen gesetzt: Zum einen sollten die Arbeitsplätze und Fabriken von Renault erhalten bleiben, ebenso sollte eine gemeinsame Initiative mit Deutschland fortgeführt werden, um Batteriezellen für Elektroautos zu entwickeln.

Zum anderen müsse in der Führung des künftigen Autokonzerns ein Gleichgewicht zwischen Fiat und Renault herrschen. Bei diesen drei Bedingungen sei man übereingekommen, so Le Maire. Gescheitert ist die Fusion demnach wohl an Bedingung Nummer vier: der Zustimmung Nissans.

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Beobachter wittern noch ganz andere Gründe. Denn das italienisch-französische Verhältnis war zuletzt zerrüttet, in der Migrationspolitik warf man sich gegenseitig Heuchelei vor. Das Misstrauen in Paris war stetig gewachsen, seit in Rom Politik-Neulinge an der Macht sind.

Frankreich beorderte nach wochenlangen Streitigkeiten im Februar gar seinen Italien-Botschafter zurück – ein diplomatischer Super-GAU. Die Einmischungen Italiens seien eine „inakzeptable Provokation“, ließ das französische Außenministerium mitteilen. Und: „Sie verletzen den Respekt, den demokratisch und frei gewählte Regierungen einander schulden.“

Populisten-Regierung pampte gegen Frankreichs Macron

Gemeint waren die Stänkereien von Italiens rechtem Innenminister Matteo Salvini (Lega) gegen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (Salvini: „ein sehr schlechter Präsident“). Und die offene Unterstützung Di Maios für die „Gelbwesten“-Protestbewegung in Paris, als diese noch auf dem Höhepunkt war.

Auf die Frage, warum eigentlich Frankreich und Italien so oft in Clinch geraten, sagte ein hoher italienischer Diplomat vergangene Woche zu BILD: „Wir schätzen uns, sind aber ganz offensichtlich auf zu vielen Gebieten Konkurrenten.“ Und zählte auf: „Tourismus, Luxus-Mode und Accessoires, hochwertige Lebensmittel, Wein, Mittelklasse-Autos …“

Ein französischer Top-Diplomat sagte auf eine ähnliche Frage zu BILD: „Ich glaube, dass wir uns im Grunde ähnlich sind wie keine anderen Nachbarn in Europa. Da wird die Rivalität automatisch größer – ein bisschen wie bei Zwillingen.“

Spannungen Rom-Paris haben Tradition

Frankreich und Italien – das ist immer wieder Feuer und Wasser. Denkwürdig etwa die Abneigung zwischen den Polit-Pfauen Silvio Berlusconi und Nicolas Sarkozy, nachdem er ihm einmal vor laufender Kamera zuflüsterte, er verdanke ihm seine (in Italien geborene) Frau, Ex-Model Carla Bruni. Da hatte sie bereits die französische Staatsangehörigkeit angenommen, eine Staatsaffäre für sich.

Manchmal ist der Streit bizarr und von außen betrachtet fast komisch. Etwa als die Italiener nach dem WM-Sieg Frankreichs zutiefst beleidigt waren, weil das Louvre ein Mona-Lisa-Bild im Frankreich-Trikot getwittert hatte. Die Mona Lisa (italienisch: „La Gioconda“), die von Universal-Genies Leonardo da Vinci gemalt wurde, ist eine Art Nationalheilige.

Félicitations à l'@equipedefrance pour leur victoire à la #CoupeDuMonde2018 ! 🎉⚽ 🇫🇷 pic.twitter.com/LVBVK6mJ3g

— Musée du Louvre (@MuseeLouvre) July 15, 2018

Zuletzt wurde es aber bitterernst: Die große Bruchlinie entstand durch die unterschiedlichen Energie-Interessen Frankreichs und Italiens in Libyen, die sich in unterschiedlichen Loyalitäten für Bürgerkriegsparteien ausdrückt. Nirgendwo ist die EU von einer gemeinsamen Außenpolitik so weit entfernt wie in dem labilen Land an der Nordküste Afrikas.

Gegensätzliche Interessen in Libyen

So beschuldigte Italien Frankreich, General Chalifa Haftar militärisch zu unterstützen, der als Schlüsselfigur in Libyens Bürgerkrieg gilt. Unter Vermittlung von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron war noch im Sommer 2017 in Paris ein Waffenstillstand zwischen Regierungschef Sarraj und dem De-facto-Herrscher über Ost-Libyen ausgehandelt worden.

Libyen befinde sich „unbestreitbar“ in der derzeitigen Lage, „weil 2011 jemand seine eigenen Interessen über die Interessen der libyschen Bevölkerung und Europas gestellt hat“, sagte Italiens Verteidigungsministerin Elisabetta Trenta in eindeutiger Anspielung auf Frankreich.

Im Frühjahr 2019 kam es schließlich zu Gefechten zwischen Truppen der international anerkannten Regierung und der Armee von Haftar um die Macht in Tripolis.

Italiens größte Zeitung sieht Schuld bei eigener Regierung

Italiens größte Zeitung „Corriere della Sera“ machte im Streit um die verpatzte Fusion dennoch nicht Frankreich, sondern die zerstrittene Populisten-Koalition in Rom verantwortlich: „Frankreich und Deutschland haben fünf Milliarden aus öffentlichen und privaten Geldern auf den Tisch gelegt, um China als Marktführer bei der Batterieproduktion zu untergraben“, kommentierte das Blatt.

Auch Italien brauche länderübergreifende Pläne, um Arbeitsplätze zu sichern und zu schaffen. Doch die Regierung sei stattdessen „durch vollkommen andere Sachen abgelenkt“.

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