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Politik - 15.03.2019

Warum das Brexit-Chaosdie Europa-Wahl bedroht

Seit gestern ist es amtlich: Die Briten wollen doch noch länger in der EU bleiben!

Doch es ist kein Liebes-Comeback, im Gegenteil: Weil sie ihr Brexit-Chaos nicht in den Griff kriegen, bitten sie um Aufschub der Scheidungsfrist – wie ein Ehemann, der seiner Frau ankündigt, sie zu verlassen, dann aber doch nicht auszieht, weil er noch nicht weiß, wohin.

„Der Brexit liegt im Sterben“, kommentiert die spanische Zeitung „El País“.

Fakt ist: Der 29. März, das bisherige offizielle Ausstiegsdatum, kann nicht mehr eingehalten werden. Es muss also ein Aufschub her – und der wird für die EU brandgefährlich.

► Kern des Problems: Großbritannien MUSS an den Europa-Wahlen teilnehmen, solange es Mitglied der EU ist – schließlich ist Wählen das einklagbare Recht aller EU-Bürger, die im Vereinten Königreich wohnen.

Die Wahlen finden vom 23. zum 26. Mai statt (in Deutschland am 26.)

  • Post von Wagner

    Liebe Briten,

    ich bewundere Euch. Ihr habt die Queen, Shakespeare, Tweed-Jacketts. Ihr habt den Widerstand gegen Hitler.

Die EU steckt in der Klemme

EU-Boss Jean-Claude Juncker hat klargestellt, dass die Briten schon vor dem 23. Mai ausgetreten sein müssen, wenn sie bei der Wahl nicht mitmachen wollen.

Die gängigere Rechtsmeinung lautet, die Briten müssen erst raus, bevor das neu gewählte Parlament zum ersten Mal zusammenkommt – und das ist der 2. Juli. Darum peilen Theresa May und das britische Unterhaus jetzt den 30. Juni an, wenn es zum kurzen Brexit-Aufschub kommt.

Folge: Das Brexit-Beben wäre zum Start der Europawahl nicht beendet. Ein geregelter Ablauf wäre somit bedroht, das schwant den ersten EU-Politikern bereits.

Der SPD-Europa-Abgeordnete Jo Leinen ist deshalb gegen eine Verschiebung des britischen EU-Austritts jenseits der Europawahl am 23. Mai und sagte am Freitag: „Die Durchführung der Europawahlen darf nicht grundlos durch das Brexit-Chaos gefährdet werden.“

Eine Verzögerung des Brexits bis Ende Juni berge die Gefahr, dass es auch dann noch keine Mehrheit für ein Abkommen gebe. Damit wäre das Vereinigte Königreich noch zum Beginn der neuen Sitzungsperiode am 2. Juli ein EU-Mitglied.

Die EU steckt in der Brexit-Zwickmühle! Denn sie hat zwei schlechte Handlungsoptionen:

▶︎ Soll die Union den Briten einen kurzen Aufschub gewähren? Dann müssen die Briten nicht zur Wahl. Doch das Risiko ist enorm: Wenn sich in der Zeit nichts ändert, müssten die Briten bald ohne Abkommen austreten – und die EU wäre daran schuld. Schlimmstenfalls fällt das Austrittsdatum dann sogar auf den 22. Mai, also einen Tag vor der EU-Wahl. Da kann sie den schwarzen Peter für den Brexit am allerwenigsten gebrauchen.

Einziger Ausweg: Das britische Unterhaus segnet doch noch das Austrittsabkommen von Theresa May ab. Dann ist die kurze Verschiebung nur noch eine „technische“ Verschiebung, während der die nötigen Gesetze für einen geordneten Austritt ratifiziert werden.

Tatsächlich will Premierministerin May das Parlament am kommenden Mittwoch erneut fragen, ob es ihren Deal nicht doch noch annimmt – obwohl sie damit schon zweimal abgewatscht wurde. Dass es diesmal klappt, ist immer noch unwahrscheinlich.

▶︎Oder soll sie einen langen Aufschub zugestehen und dabei ein Schrecken ohne Ende riskieren?

Dann würden die Briten an den Wahlen teilnehmen und ihren Brexit-Streit ins EU-Parlament schleppen.

Und wenn die Briten mitwählen?

„Politisch ist es natürlich einigermaßen absurd, wenn ein Land teilnimmt, das eigentlich schon draußen sein sollte“, sagt Katarina Barley, die SPD-Spitzenkandidatin bei der EU-Wahl.

Die Befürchtung vieler Experten: Das EU-Parlament holt sich EU-Gegner ins Haus, die dann Tag ein, Tag aus darüber klagen, dass ihnen der Brexit gestohlen wurde!

Denn für hartgesottene Brexit-Fans bedeutet die Verlängerung der Austrittsfrist bereits Verrat am Referendumsergebnis von 2016 – während die EU-Befürworter hoffen, dass sie den Brexit damit irgendwie noch abwenden können.

„Es ist nicht so, dass die Briten dann schlagartig 73 EU-Gegner ins EU-Parlament schicken“, erklärt Brexit-Experte Nicolai von Ondarza von der Stiftung Wissenschaft und Politik, „vielmehr wird es eine klare Spaltung geben zwischen einer Gruppe von harten EU-Gegnern und eine Gruppe von glühenden britischen EU-Befürwortern.“ Ein Zuwachs von EU-Kritikern im EU-Parlament werde ohnehin erwartet, auch ohne britische Beteiligung, aber so werden es insgesamt viel mehr EU-Gegner.

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