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Politik - 17.06.2019

Warum brodelt es in Hongkong schon wieder?

Regierungschefin bittet um Entschuldigung

Quelle: Reuters
1:32 Min.

In Hongkong wird wieder protestiert!

Am Sonntagnachmittag (Ortszeit) versammelten sich Menschenmassen im Viktoria Park für einen großen Protestmarsch durch das Zentrum der chinesischen Sonderverwaltungszone. Es sind Hunderttausende. Ihre Demonstration soll von dem Park zum Stadtparlament ziehen.

Der Grund für die neuen Proteste: Es geht immer noch um ein umstrittenes Gesetz zur Auslieferung mutmaßlicher Straftäter an China. Zwar teilte die Hongkonger Regierung mit, dass das Gesetz vorerst auf Eis gelegt wurde. Doch: Die Menschen in Hongkong befürchten, dass sie künftig den chinesischen Behörden ausgeliefert sein könnten.

Denn das Auslieferungsgesetz würde Hongkongs Behörden erlauben, von China verdächtigte und gesuchte Personen an die Volksrepublik auszuliefern. Kritiker warnen: Chinas Justiz sei nicht unabhängig und diene als Werkzeug der politischen Verfolgung. Auch drohten Folter und Misshandlungen.

► Der Protestveranstalter Civil Human Rights Front teilte mit, die Kundgebung sei erforderlich, weil die Regierung ihre Pläne für das Gesetz nicht komplett gestoppt habe. Und das reicht ihnen jetzt nicht mehr: Die Demonstranten forderten Regierungschefin Carrie Lam zum Rücktritt auf.

Lam hatte bis Samstag noch am Auslieferungsgesetz festgehalten – trotz der massiven Proteste.

Hintergrund: Die frühere britische Kronkolonie wird seit der Rückgabe 1997 an China nach dem Grundsatz „ein Land, zwei Systeme“ als eigenes Territorium autonom regiert. Anders als die Menschen in der Volksrepublik genießen die Hongkonger nach dem Grundgesetz der chinesischen Sonderverwaltungsregion das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie Presse- und Versammlungsfreiheit. Die Gewährleistung dieser Rechte war 1997 als Voraussetzung für die Rückgabe Hongkongs an China formuliert worden. Nun befürchten die Bewohner deren Einschränkung durch die Auslieferung an chinesische Behörden.

Die Forderung der mehreren Zehntausend Demonstranten: Das geplante Gesetz soll komplett weg! „Ich denke, die Mehrheit der Menschen in Hongkong wird eine vorübergehende Aussetzung nicht akzeptieren“, sagte Demonstrant Thomas Hong, der seit Tagen an einem Hungerstreik vor dem Hongkonger Regierungssitz teilnimmt.

Nach den erneuten Massenprotesten gegen das China-Gesetz hat Hongkongs Regierungschefin Lam um Verzeihung gebeten. Sie wolle sich gegenüber der Öffentlichkeit „mit größter Aufrichtigkeit und Demut“ entschuldigen, hieß es in einer am Sonntagabend verbreiteten Stellungnahme.

Am vergangenen Wochenende hatten nach unterschiedlichen Schätzungen zwischen Hunderttausenden und einer Million Hongkonger gegen das Vorhaben der Regierung demonstriert. Am Mittwoch kam es zu schweren Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten, es gab 81 Verletzte.

  • Nach Massenprotesten

    Hongkong legt Auslieferungs-Gesetz auf Eis

    Nach Massenprotesten hat Hongkong Pläne für ein umstrittenes Gesetz für Auslieferungen an China ausgesetzt!

  • Zehntausende demonstrieren

    70 Verletzte bei Hongkong-Protesten

    Bei den schweren Protesten in Hongkong gab es Dutzende Verletzte. Die Polizei ging hart vor und setzte Tränengas ein.

Hongkong-Regierung machte Samstag den Rückzieher

Nach den schweren Protesten hatte Regierungschefin Lam am Samstag angekündigt, Beratungen über das Gesetz vorerst auszusetzen.

Ihre Begründung: Die erheblichen Bedenken und Zweifel an der Gesetzesvorlage in der Öffentlichkeit. Außerdem müsse in der Stadt wieder Ruhe herrschen. Lam hatte das Gesetz zuvor strikt verteidigt.

Ein Toter bei Protest

Viele der Demonstranten in Hongkong tragen schwarze T-Shirts. Zudem teilten Aktivsten weiße Blumen aus. Damit soll einem am Vortag gestorbenen Demonstranten gedacht werden.

Hongkongs Polizei geht dabei von einem Selbstmord des Mannes aus. Wie lokale Medien berichteten, war der Mann am Samstag auf ein Baugerüst an einem Einkaufszentrum geklettert, wo er zunächst Protestbanner gegen das Gesetz für Auslieferungen an China und Regierungschefin Lam anbrachte.

Nachdem er mehrere Stunden auf dem Gerüst ausharrte, kletterte er über die Brüstung und stürzte in die Tiefe. Zuvor hatten Rettungskräfte versucht, den 35-Jährigen zu überzeugen herunterzuklettern. Auf Fotos ist ein gelbes Luftkissen zu sehen, dass die Feuerwehr vor dem Gerüst entfaltet hatte. Hongkonger legten später Blumen vor dem Einkaufszentrum nieder.

Die Demonstration am vergangenen Wochenende war nach Einschätzung von Beobachtern die größte in Hongkong seit dem Protest gegen die blutige Niederschlagung der Demokratiebewegung in Peking vor drei Jahrzehnten am 4. Juni 1989.

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