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Politik - 19.03.2019

Scheitert Mays Brexit-Plan an Uralt-Regel von 1604?

Was wird denn nun aus dem Brexit? Eigentlich wollen die Briten die EU in zehn Tagen verlassen – aber daraus wird wohl erst mal nichts!

In einer neuen, dramatischen Wendung hat der britische Parlamentspräsident einen Strich durch den Austrittsplan von Theresa May gemacht. Montagabend verkündete John Bercow: Die Premierministerin darf NICHT, wie geplant, noch einmal über dasselbe Abkommen abstimmen lassen.

Der Parlaments-Chef beruft sich auf eine Regel vom 2. April 1604, wonach die Regierung einen bereits abgelehnten Text in einer Sitzungsperiode nicht erneut zur Abstimmung vorlegen darf. Nur zwölfmal wurde von dieser Regel in der britischen Geschichte Gebrauch gemacht, zuletzt 1920, berichtet der „Daily Telegraph“.

„Was die Regierung rechtlich nicht machen kann, ist, dem Unterhaus denselben Vorschlag oder den im Wesentlichen selben Vorschlag noch einmal vorzulegen“, sagte Bercow vor den Abgeordneten im Unterhaus. Wenn es sich um „einen neuen Vorschlag“ handele, sei „alles in Ordnung“.

May wollte den Brexit-Vertrag bis Mittwoch noch einmal zur Abstimmung stellen – allerdings nur, falls sich eine Zustimmung abzeichnen sollte. Der Deal war bereits Mitte Januar und ein zweites Mal vor einer Woche im Unterhaus gescheitert: Während im Januar 432 Abgeordnete dagegen stimmten, waren es am Dienstag 391.

Der Vorschlag von vergangener Woche sei ein „anderer“ gewesen als der im Januar, erläuterte Bercow. Er habe „eine gewisse Anzahl rechtlicher Änderungen“ und drei neue Dokumente enthalten, die May von der EU in letzter Minute erhalten hatte.

▶︎ Bercows Ablehnung traf May völlig unvorbereitet. Der Parlamentspräsident habe die Regierung vor seiner Bekanntgabe im Unterhaus nicht vorgewarnt, erklärte ihr Büro in der Downing Street.

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Briten-Blätter stehen Kopf

In den britischen Zeitungen ist Bercows Entscheidung DAS Thema! Vor allem die Zeitungen, die sich vor dem Referendum für einen Brexit ausgesprochen hatten, unterstellen Bercow, bewusst den Austritt seines Landes aus der EU hinauszögern zu wollen.

▶︎ Die „Daily Mail“ titelt neben einem Foto von Bercow „Das selbstgefällige Grinsen, das sagt: Der Brexit sei verdammt“. Der Parlamentspräsident sei „nur auf Effekthascherei aus“, so die Unterstellung. Zudem befürchtet die Zeitung, Großbritannien könnte 20 Monate länger in der EU bleiben, bis ein neues Abkommen ausgehandelt ist.

Tuesday's @DailyMailUK #MailFrontPages pic.twitter.com/0mLxow2MAp

— Daily Mail U.K. (@DailyMailUK) March 18, 2019

„The Sun“ titelt „B*LL*CKS to Bercow“, eine Anspielung auf den Protest-Sticker, den Bercows Ehefrau auf ihrem Auto kleben hatte mit den Worten „BOLLOCKS TO BREXIT“ (deutsch: Scheiß auf den Brexit).

Tomorrow's front page: Speaker John Bercow torpedoed Theresa May's EU deal – and stuck two fingers up to 17.4million Brexit voters https://t.co/bfFKbaLEtK pic.twitter.com/Wi7zfvgLmh

— The Sun (@TheSun) March 18, 2019

▶︎ „The Guardian“ schreibt vom „Brexit-Chaos“: „Bercows überraschende Intervention bedeutet, dass May voraussichtlich zum Brüsseler Gipfel am Donnerstag fahren und dort eine Verlängerung des Artikels 50 beantragen muss, was wiederum bedeuten könnte, dass Großbritannien mehr als 100 Millionen Pfund für die Teilnahme an Wahlen zum Europäischen Parlament aufwenden muss.“

The Guardian front page, Tuesday 19 March 2019: Brexit chaos as Speaker stops May in her tracks pic.twitter.com/tWun377Nk3

— The Guardian (@guardian) March 18, 2019

Wie geht es jetzt weiter?

Bei einer Annahme des Deals in einer dritten Parlamentsabstimmung wollte May bei dem am Donnerstag beginnenden Brexit-Gipfel in Brüssel lediglich eine kurze Verschiebung des Austrittstermins beantragen, um genug Zeit für die nötige rechtliche Umsetzung auf nationaler Ebene zu haben. Bei einer erneuten Ablehnung wollte sie eine lange Verschiebung beantragen.

Nun scheint die lange Verschiebung unumgänglich!

Der konservative Brexit-Vorreiter und ehemalige Außenminister Boris Johnson drängte May, den EU-Gipfel zu nutzen, um den anderen Mitgliedstaaten mehr Zugeständnisse abzuringen. „Es wäre absurd abzustimmen, bevor das überhaupt versucht wurde“, schrieb er in der Zeitung „Daily Telegraph“.

Deadline: 29. März, 23 Uhr

Die EU machte klar, dass die Verschiebung bis zum letzten Moment möglich sei. Im Prinzip könne ein entsprechender Antrag am 29. März bis „eine Stunde vor Mitternacht Brüsseler Zeit“ eingehen, erklärte eine hochrangige EU-Vertreterin.

Sie verwies darauf, dass die anderen 27 EU-Staaten dann noch einstimmig zustimmen müssten. Ein Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs sei dafür aber nicht nötig.

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