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Politik - 23.06.2019

Rätsel um TrumpsKampfabsage

Herrscht in Washington Chaos – oder war es ein gewieftes Manöver?

Quelle: Reuters
1:14 Min.

Die Spannungen zwischen den USA und dem Iran haben sich noch einmal deutlich verschärft! Was hat Trump eigentlich vor?

In der Nacht zum Freitag legte der US-Präsident ein erratisches Verhalten an den Tag, wenn die Berichte stimmen: In letzter Minute blies er einen Militärschlag gegen das Mullah-Regime ab – obwohl die Kampfjets laut „New York Times“ schon in der Luft waren.

Damit wollte das US-Militär auf den Abschuss einer 130 Millionen Dollar teuren Drohne in der Straße von Hormus reagieren. Laut den USA haben die Iraner sie im internationalen Luftraum abgeschossen. Der Iran behauptet dagegen, es habe sich um iranischen Luftraum gehandelt.

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Hinzu kommt, dass der Posten des Verteidigungsministers zu dem Zeitpunkt nur kommissarisch besetzt war. Ein Minister mittlerweile gefunden: Mark Esper, bisher Verwaltungschef des US-Heeres, folgt auf Patrick Shanahan, der das Ministeramt kommissarisch ausübte. Der Wechsel war bereits am Dienstag von Trump angekündigt worden. Trump hatte jedoch zunächst offen gelassen, ob Esper den Ministerposten dauerhaft übernehmen werde.

▶︎ Trotzdem entsteht der Eindruck: In der US-Regierung herrscht Chaos, der Militärapparat zögert und zaudert! Stimmt das?

Trump erklärte auf Twitter, er habe den Schlag spontan abgesagt – aus Rücksicht darauf, dass die Generäle mit angeblich 150 Toten auf iranischer Seite gerechnet hätten. Dies habe er „unverhältnismäßig“ gefunden.

Inzwischen fällt auf, dass Trump diese Version der Geschichte gern erzählt.

„Moment mal, wie viele Leute sterben dann?“

„Ich will keinen Krieg“, sagte Trump laut Vorabmitteilung in einem Interview mit NBC News, das erst am Sonntag ausgestrahlt wird. „Wenn es dazu kommt, wird es eine Vernichtung geben, wie man sie noch nie gesehen hat. Aber ich will das nicht tun.“ Er bekräftigte erneut seine Gesprächsbereitschaft mit dem Iran – „ohne Vorbedingungen“.

In einer vorab veröffentlichten Sequenz sagt er außerdem, die Flugzeuge seien, anders als die „New York Times“ am Freitag berichtet hatte, noch nicht in der Luft gewesen, als er den Angriff gestoppt habe, das Militär jedoch habe einen fertigen Plan gehabt.

Auf die Frage, ob er grünes Licht für den Militärschlag gegeben habe, sagt er: „Für nichts gibt es ein grünes Licht bis ganz zum Schluss, denn die Dinge ändern sich.“ Er habe aber, als die Generäle fertig zum Einsatz gewesen seien, gefragt: „Moment mal, wie viele Leute sterben dann?“ Als die Antwort kam, es wären etwa 150 Leute eine halbe Stunde nach seinem Okay gestorben, habe er „eine Sekunde nachgedacht“. Diese Aussicht habe ihm „nicht gefallen“. Darum habe er seine Genehmigung zurückgezogen.

Experte: Es war ein genialer Wahlkampf-Schachzug

Für den Politikwissenschaftler und USA-Experten Christian Hacke steht fest: Anders als es zunächst aussehe, sei bei Trump von Verwirrung keine Spur zu erkennen. Im Gegenteil: Die abgeblasene Militäraktion hält er für einen „genialen Schachzug“. Trump habe sich durch die „Kampfabsage“ gegenüber den Militärs als friedliebend dargestellt, erklärt Hacke. „Das kommt an!“, sagt er.

Damit habe Trump Berater wie John Bolton brüskiert, die für eine harte Linie gegenüber dem Iran stehen, und wohl auch die Armee. Aber: „Er gewinnt dadurch auch Respekt in der politischen Mitte.“ Tatsächlich: Auch die Demokraten wollen keinen neuen Krieg am Golf.

Hacke: „Trump behält die Fäden in der Hand. So wird er laufend unterschätzt, besonders in Deutschland. Er entpuppt sich immer mehr als ein gewiefter, mit allen Wassern gewaschener Machtpolitiker beziehungsweise Manipulator!“ Denn: „Für Trump ist jetzt alles, aber auch alles schon Innenpolitik im Wahlkampfmodus“ mit Blick auf die US-Präsidentschaftswahlen 2020.

US-Analyst: Militärschlag noch lange nicht vom Tisch

Jonathan Schanzer vom Washingtoner Think Tank Foundation for Defense of Democracies (FDD) warnt aber: „Nur weil Trump diesen Militärschlag abgeblasen hat, heißt es nicht, dass die USA nicht zurückschlagen werden.“ Es gebe keine Frist dafür, und es gebe viele Antwortmöglichkeiten auf die iranischen Provokationen. Sein Image als Hardliner gegenüber Iran habe Trump jetzt zwar abgeschüttelt, doch die Krise sei nicht vorbei.

Wie es am Golf weitergeht, hänge weniger von Trump als vielmehr vom obersten iranischen Führer Ali Chamenei ab. Der steht unter Druck, muss um seine Macht zittern. Die Chancen stünden nicht gut, dass sein Mullah-Regime noch weitere zwei – oder sogar sechs – Jahre Donald Trump übersteht.

Darum habe der Iran einen klaren Anreiz, an den Verhandlungstisch zurückzukehren und mittelfristig seine aggressive Außenpolitik aufzugeben. Einen solch günstigen Deal wie das Atomabkommen, das Trumps Vorgänger Barack Obama ausgehandelt hatte, wird der Iran nicht mehr bekommen: Mit Trump würde der Iran sein Atomprogramm komplett und endgültig aufgeben müssen.

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