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Politik - 20.05.2019

Neue Spur im Video-Skandal führt nach Deutschland

Zentrum für politische Schönheit gerät ins Visier

Quelle: SPIEGEL/Süddeutsche Zeitung
6:11 Min.

Neue Spur in der Affäre um das Skandal-Video, das in Österreich eine Regierungskrise auslöste.

Nachdem die Aufnahme von Ex-Vizekanzler und Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache am Freitag veröffentlicht worden war, wird in den sozialen Medien heiß diskutiert, wer hinter dem Video und seiner Veröffentlichung stecken könnte.

Wie zuerst Daniel Laufer, Journalist der „Badischen Zeitung“, auf Twitter schrieb, steht der Account „Kurzschluss14“ mit dem Video in Verbindung. Das Twitter-Konto sei kurz vor der Veröffentlichung durch „Spiegel“ und „Süddeutsche Zeitung“ erstellt worden.

Was dafür spricht, dass @politicalbeauty hinter #strachevideo & #ibizaaffaere steckt:
РUm 17.46 Uhr wurde der Account @kurzschluss14 erstellt, @SZ/@SPIEGELONLINE ver̦ffentlichten wohl erst um 18 Uhr
– @politicalbeauty hat @kurzschluss14 offenbar als Erster beworben und gefolgt pic.twitter.com/K0fnq9wz7q

— Daniel Laufer (@DanielLaufer) May 17, 2019

Der erste Follower: das „Zentrum für Politische Schönheit“ (ZPS), eine deutsche Gruppe aus etwa 70 Aktionskünstlern. Aus dem Umfeld der Gruppe war bereits bestätigt worden, dass die Mitglieder des ZPS auch in die Aktion rund um das Strache-Video involviert waren.

▶ ︎Auch die Rolle von Satiriker Jan Böhmermann, der schon vor der Veröffentlichung des Strache-Videos Anspielungen auf das Treffen gemacht hatte, passt zu der Theorie: Böhmermann war in der Vergangenheit Unterstützer des Zentrums für politische Schönheit und könnte durch seine Verbindung von dem Video erfahren haben.

  • Fragen zum Ösi-Beben

    Was wusste Böhmermann über das Skandal-Video?

    Schon bevor die Ibiza-Affäre Österreich erschütterte, machte Jan Böhmermann Witze über das Video! Was wusste er über das Skandal-Video?

Österreichische Medien spekulieren, dass das Zentrum an das Material gelangt war und dieses dann verbreitet hatte. Allerdings haben vergangene Aktionen gezeigt, dass das ZPS durchaus Kapazitäten und das Budget für eine solche Video-Falle hätte. Seit 2009 hat die Gruppe immer wieder mit politischen Aktionen auf sich aufmerksam gemacht:

▶︎ Im Dezember 2018 hatte die Gruppe eine Website namens „Soko Chemnitz“ freigeschaltet und dort einen „Katalog der Gesinnungskranken“ mit Fotos und Steckbriefen einiger mutmaßlicher Rechter veröffentlicht. Sie sollten nach Angaben des ZPS an den Demonstrationen und Ausschreitungen wenige Monate zuvor beteiligt gewesen sein.

▶︎ Für besonders viel Aufsehen sorgte eine Aktion 2017, als das ZPS eine Nachbildung des Berliner Holocaust-Mahnmals in direkter Nachbarschaft von AfD-Mann Björn Höcke aufbaute. Björn Höcke hatte das Mahnmal zuvor als „Denkmal der Schande“ bezeichnet.

▶ ︎2015 hatten die Künstler bei einer Aktion die Leichen von bei der Flucht ums Leben gekommenen Flüchtlingen identifiziert und nach Rücksprache mit den Hinterbliebenen in Deutschland beerdigt.

Nach eigenen Angaben wolle sich das ZPS erst zu seiner möglichen Rolle in der Affäre um Strache äußern, wenn der österreichische Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) zurückgetreten ist.

Österreichs renommiertester Journalist, ORF-Mann Armin Wolf, bezweifelt den Einfluss des ZPS allerdings: „Schon vor Monaten wurde das Video angeblich gegen sehr viel Geld über Vermittler einzelnen Medien angeboten. Aber offenbar hat es damals niemand gekauft (oder gesehen)“, schreibt Wolf auf Twitter. Das Künstler-Kollektiv agiere dagegen „normalerweise nicht auf Bezahlung“.

Was gegen die Theorie spricht: Schon vor Monaten wurde das Video angeblich gegen sehr viel Geld über Vermittler einzelnen Medien angeboten. Aber offenbar hat es damals niemand gekauft (und gesehen). Das ZPB agiert normalerweise nicht für Bezahlung. https://t.co/ja1Yjb4PWm

— Armin Wolf (@ArminWolf) May 19, 2019

Neuwahlen nach Regierungskrise

In der österreichischen Politik hat das Skandal-Video von Strache eine Regierungskrise ausgelöst. Noch am Samstag war Strache als Vize-Kanzler und FPÖ-Chef zurückgetreten. Wenige Stunden später hatte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) das Ende der Regierungskoalition verkündet.

Nach einer Krisensitzung mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen kündigte Kurz Neuwahlen im kommenden September an. „Die Neuwahlen waren kein Wunsch, sie waren eine Notwendigkeit“, sagte Kurz bei einer gemeinsamen Pressekonferenz. Nach Informationen von „oe24“ könnte in der Zwischenzeit eine Übergangsregierung aus ÖVP und Experten für die ehemaligen FPÖ-Minster eingesetzt werden.

Versprochene staatliche Infrastruktur-Projekte

Grund für das Polit-Beben: Das Skandal-Video zeigt FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und FPÖ-Fraktionschef Johann Gudenus bei einem geheimen Treffen mit einer angeblichen russischen Oligarchen-Nichte in einer Villa auf Ibiza Ende Juli 2017.

Das Kern-Thema des geheimen Gesprächs auf Ibiza: Eine mögliche Übernahme der Wiener „Kronen Zeitung“ durch die angebliche Oligarchen-Nichte. Die Zeitung könne – so die Idee von Strache – kurz vor der Wahl zugunsten der FPÖ Partei ergreifen.

Im Gegenzug soll Strache der falschen Oligarchin die Vergabe öffentlicher Bau-Aufträge in Aussicht gestellt haben. Die würde er wiederum dem bisherigen Partner der Regierung, dem Baukonzern Strabag entziehen.

Wie die österreichische Zeitung „Der Standard“ berichtete, habe der Strabag-Eigentümer und frühere CEO Hans Peter Haselsteiner seit 2017 keine veränderte Auftragslage durch die FPÖ wahrgenommen. Allerdings kündigte Haselsteiner an „alle Aufträge des vergangenen Jahres, die wir verloren haben“ genau zu analysieren. Er gehe davon aus, dass die Strabag die Zielscheibe war, aber die Pfeile nicht wirksam gewesen seien.

Illegale Parteispenden

Doch damit nicht genug: Strache plaudert in dem Video auch über illegale Parteispenden an die FPÖ. Diese würden insgesamt zehn österreichische und deutsche Geber am Bundesrechnungshof vorbei an einen gemeinnützigen Verein spenden. Dessen Statut: „Österreich wirtschaftlicher gestalten“.

Die angeblichen Spender – darunter Waffenproduzent Gaston Glock, Milliardärin Heidi Goëss-Horten, Immobilieninvestor René Benko und der Glückspielkonzern Novomatic – dementierten allerdings jegliche direkte oder indirekte Unterstützung der FPÖ. Österreichischen Medien zufolge wären einige der genannten Verbindungen und Kontakte jedoch nicht völlig unplausibel:

  • Regierungskrise in Österreich

    Neuwahlen in Österreich Anfang September

    Nach dem Platzen der Koalition aus ÖVP und FPÖ sollen die Österreicher bereits Anfang September ein neues Parlament wählen.

Anlässlich von Straches Äußerung verwies die österreichische Zeitung „Der Standard“ auf einen älteren Bericht über eine mögliche Verbindung zwischen dem Waffenproduzenten und der FPÖ-Spitze. So waren Strache, dessen Frau Philippa und auch Sozialministerin Beate Hartinger-Klein bei einem privaten Springturnier der Glocks im September 2018 zu Gast. Auch Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) soll bei dem Event zugegen gewesen sein.

Auch dem Glücksspielkonzern Novomatic waren in der Vergangenheit Verbindungen zum früheren Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) unterstellt worden. Hintergrund war die geplante Aufweichung des staatlichen Glücksspielmonopols. Ein Verfahren wegen des Verdachts der Bestechung durch Novomatic-Boss Wolfahrt war 2017 eingestellt worden.

Knapp ein Jahr später berichteten österreichische Medien, darunter „Die Presse“, von einem Brief des Konzerns an Grasser aus dem Jahr 2006. In dem Schreiben hatte Novomatic-Chef Wohlfahrt mit einer Abwanderung des Konzerns gedroht, sollte die Politik den Betrieb von Glücksspielautomaten beschränken. Weder die geplante Verschärfung, noch die geplante Öffnung des Glückspielmarktes folgte nach dem Brief.

Besonders brisant: Auch im geheimen Treffen mit Strache ging es um die Möglichkeit, ob die falsche Oligarchin in die vom Staat kontrollierten Spielcasinos einsteigen könne. Diese müssten ihrer Machtstellung beraubt werden, das Monopol müsse aufgebrochen werden, sagte Strache in dem Gespräch.

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