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Politik - 21.05.2019

Kurz weg, wenn…

Misstrauensvotum am nächsten Montag möglich +++ Wie geht der Macht-Krimi in Österreich aus? Die möglichen Szenarien

Politik kann gnadenlos sein…

Am Sonntag könnte Österreichs Kanzler Sebastian Kurz (32) mit seiner ÖVP der große Gewinner der Europawahl in seinem Land werden. Am Montag könnte ihn das Parlament per Misstrauensvotum aus dem Amt jagen, nachdem die Regierung im Streit um das beschämende Ibiza-Video von Ex-Parteichef Heinz-Christian Strache (49) zerbrochen ist.

Unwahrscheinlich ist dieses Szenario nicht – wenn Bundespräsident Alexander Van der Bellen (75) nicht durch Verhandlungsgeschick noch einen Ausweg aus der Staatskrise findet. Kurz und Van der Bellen trafen sich am frühen Nachmittag, das Gespräch dauerte mit zwei Stunden doppelt so lange als geplant. Anschließend äußerten sich beide vor der Presse.

Kurz will Übergangsregierung führen

Van der Bellen sagte, dass er dem Wunsch von Kurz folgen und die Minister der FPÖ aus der Regierung entlassen werde.

Kurz nannte die Rücktritte und den Bruch der Regierungskoalition „notwendig“. Um das Vertrauen in die Politik zurückzugewinnen, müssten die Vorgänge in der Ibiza-Villa nun vollständig aufgeklärt werden. Um Stabilität zu gewähren und Österreich in der EU handlungsfähig zu halten, werde er noch heute Vorschläge für die Neubesetzung der freiwerdenden Ministerposten machen.

Kurz bemühte sich, die Krise kleinzureden, sprach von einer „gewissermaßen etwas instabilen Situation.“ Überraschend: Die von der FPÖ nominierte Außenministerin Karin Kneissl (parteilos) darf vorläufig im Amt bleiben. Sie hatte international für Schlagzeilen gesorgt, weil sie Russlands Präsidenten Wladimir Putin zu ihrer Hochzeit eingeladen hatte.

In welchem Fall muss Sebastian Kurz das Kanzleramt vorzeitig räumen? BILD beantwortet die wichtigsten Fragen.

Warum droht Kurz der Sturz?

Österreichs Verfassung sieht dass Misstrauensvotum als „schärfstes Mittel der politischen Kontrolle“ vor: Der Nationalrat kann der Regierung oder einzelnen Mitgliedern das Vertrauen entziehen.

Nachdem der geschasste Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) per Interview angedeutet hat, seine Partei werde dem Kanzler das Misstrauen aussprechen, ist die Wahrscheinlichkeit für einen Sturz gestiegen. Denn: Die ÖVP von Sebastian Kurz hat im Nationalrat nur 61 von 183 Sitzen. Einzig die liberalen Neos (10 Sitze) sind entschlossen, Kurz bis zu den angekündigten Neuwahlen im September im Amt zu halten. Nach dem Skandal müsse man das Vertrauen in die Poitik wiederherstellen, sagte Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger am Dienstag.

Der Gründer der Liste „Jetzt“ (7 Sitze), Peter Pilz, brachte den Misstrauensantrag gegen Kurz ein. Als Datum legte Parlamentspräsident Wolfgang Sobotka den 27. Mai fest – also den Montag nach der Europawahl.

Die FPÖ (61 Sitze) diskutiert noch, ob sie Scharfmacher Kickl folgen und den Kanzler tatsächlich stürzen will. Sinnt die FPÖ auf Rache, liegt alles an der SPÖ (Sozialdemokraten, 52 Sitze): Sollte auch die größte Oppositionspartei das Misstrauensvotum unterstützen, bliebe Kurz nur der Rückzug, ein vorübergehendes Abgeordneten-Dasein.

Und dies völlig unabhängig vom Wahlergebnis am Sonntag …

  • Rache per Misstrauensvotum?

    Kanzler Kurz droht der Sturz

    Nach dem Bruch der Koalition ist es in Österreich denkbar, dass auch der Kanzler abtreten muss: Ihm droht ein Misstrauensvotum.

Was, wenn das Misstrauensvotum durchkommt?

Dann muss Bundespräsident Alexander Van der Bellen Kurz sofort abberufen und eine erfahrene Persönlichkeit (Mitglied der Regierung oder Spitzenbeamter) zum Regierungschef ernennen.

Theoretisch könnte er auch den gestürzten Kanzler nochmals ernennen – praktisch dürfte dann bei einem neuen Misstrauensvotum alles von vorne losgehen. Eine solche Blamage würden sich Sebastian Kurz und der Bundespräsident wohl gern ersparen, denn das Parlament sitzt am längeren Hebel.

Gibt es ein destruktives Misstrauensvotum gegen die gesamte Regierung Kurz, müsste Van der Bellen auch alle Ministerposten bis zu den Neuwahlen neu besetzen, nach denselben Kriterien wie bei der Kanzler-Nachfolge.

Was ist der Unterschied zum deutschen System?

Deutschland kennt anders als Österreich seit 1949 nur das konstruktive Misstrauensvotum: „Der Bundestag kann dem Bundeskanzler das Misstrauen nur dadurch aussprechen, dass er mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen Nachfolger wählt und den Bundespräsidenten ersucht, den Bundeskanzler zu entlassen. Der Bundespräsident muss dem Ersuchen entsprechen und den Gewählten ernennen.“ (Artikel 67, Grundgesetz)

Der wesentliche Unterschied ist also: Wie im Fall des erfolgreichen Misstrauensvotum 1982 – Helmut Kohl (CDU) ersetzte Helmut Schmidt (SPD) – muss zuerst ein mehrheitsfähiger Nachfolger gefunden werden.

Das Skandal-Video

Ibiza-Affäre um FPÖ-Chef Strache

Quelle: SPIEGEL/Süddeutsche Zeitung
6:11 Min.

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