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Politik - 07.07.2019

Hier wählt der Mann, der heute Tsipras schlagen will

Kyriakos Mitsotakis hat schon einen irren „Ufo-Skandal“ überstanden

Griechenland wählt ein neues Parlament. Laut allen Umfragen wird Kyriakos Mitsotakis (51) von den Konservativen Alexis Tsipras (44) von den Linken ablösen. Seine Partei Nea Demokratia (ND) liegt neun bis zwölf Punkte vor der regierenden linken Partei Syriza.

Entsprechend selbstbewusst trat Mitsotakis am Sonntag auf: „Heute nehmen die Griechinnen und Griechen ihre Zukunft in die eigene Hand. Morgen wird ein besserer Tag für unser Land sein“, sagte Mitsotakis nach seiner Stimmabgabe.

Wahlberechtigt sind rund zehn Millionen Bürger. Sie haben die Wahl unter 20 Parteien. Die Wahllokale schließen um 18 Uhr, mit aussagekräftigen Hochrechnungen wird gegen 21 Uhr gerechnet.

Bizarrer Ufo-Skandal machte ihn bekannt

„Ein Spezialist erzählte mir, dass ein Teenager beschloss, sein Geschlecht zu ändern, weil ein Außerirdischer ihm sagte, er solle es tun.“ Der Satz wäre einfach „verrückt“, wenn er nicht aus dem Mund des Mannes käme, der bald der neue griechische Premierminister sein dürfte.

Der ernste Hintergrund: Im Oktober 2017 lehnte Mitsotakis die rechtliche Anerkennung der Geschlechteridentität ab und schloss sich der griechisch-orthodoxen Kirche und der rechtsradikalen Partei der Goldenen Morgenröte an.

Alexis Tsipras und die Syriza-Abgeordneten sprachen an diesem Tag im Parlament über die Notwendigkeit, die Rechte der „Unsichtbaren“ zu schützen.

Mit seinem Außerirdischen-Spruch habe Mitsotakis sagen wollen, dass Menschen im Alter von 15 Jahren seiner Meinung nach zu unreif sind, um über ihr Geschlecht zu entscheiden, verteidigte er sich hinterher. Aber sein Ufo-Argument verspottete das Recht von Transgendern, sich nach Belieben selbst zu identifizieren, und widersetzte sich den Forderungen von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International.

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Die rechtspopulistischen Elemente

In der Kritik steht Mitsotakis auch wegen seiner Nähe zu Rechtsradikalen: Unmittelbar nach seiner Wahl zum Parteichef im Jahr 2016 ernannte Mitsotakis Adonis Georgiadis zu einem seiner Vizepräsidenten. Georgiadis ist ein Vertreter der rechtsextremen Fraktion der Partei und ehemaliger Abgeordneter der rechten Partei von LAOS.

Er ist eine der umstrittensten politischen Persönlichkeiten Griechenlands, bekannt für seine ständige TV-Präsenz und seinen lauten, exzentrischen Stil sowie für die Moderation einer TV-Verkaufsendung, in der er Bücher und manchmal seltsame Produkte verkauft.

Aber viel schlimmer ist, dass Georgiadis des Antisemitismus beschuldigt wurde. Er sagte immer wieder, dass „alle großen Banken den Juden gehören“ und dass „die jüdische Lobby“ das Schicksal der griechischen Auslandsschulden bestimmen würde.

Im Jahr 2017 war er gezwungen, sich bei der jüdischen Gemeinde für seine antisemitischen Äußerungen zu entschuldigen: „In der Vergangenheit hatte ich die Meinungen von Menschen geteilt und toleriert, die meinen jüdischen Mitbürgern gegenüber respektlos waren, und aus diesem Grund empfinde ich die Notwendigkeit, mich bei der jüdischen Gemeinde zu entschuldigen“, schrieb Georgiadis anlässlich des Holocaust-Gedenktages.

Seine Ehefrau und die Paradise Papers

Nach Erkenntnissen aus Gerichtsverfahren in Deutschland, den USA und Griechenland bestach der deutsche multinationale Konzern Siemens routinemäßig Politiker in den beiden damaligen Großparteien (PASOK und Nea Dimokratia) mit Hunderten von Millionen, um profitable Staatsverträge zu sichern.

Es gab keine Beweise dafür, dass Mitsotakis mit einem dieser Bestechungsgelder in Verbindung gebracht wurde, aber 2008 wurde er dabei erwischt, wie er Siemens-Telekommunikationsgeräte im Wert von 137 000 Euro annahm. Er bezahlte diese später, aber erst nachdem Zeugen bei Staatsanwälten über die Geschenke ausgesagt hatten. Ähnliche „Geschenke“ wurden der gesamten Mitsotakis-Familie, einschließlich seiner Frau Mareva, überreicht.

Seine Ehefrau Mareva Grabowski-Mitsotakis (52) war früher Führungskraft bei der Deutschen Bank und führt heute ihr eigenes Geschäft in der Modebranche. Ihr Name war auf einer Liste mit 130 Griechen auf den sogenannten Paradise-Papieren. In der Liste sah es so aus, dass Mitsotaki die Managerin eines Investmentfonds mit Sitz auf den Kaimaninseln war. In einer Erklärung, die in der Zeitung Ethnos veröffentlicht wurde, sagte sie jedoch, dass sie wenig mit den administrativen Aspekten des Fonds zu tun habe, da sie nicht im Vorstand des Fonds sei. Es wurden keine Anklagen gegen sie erhoben und es gibt bisher keine gerichtliche Untersuchung.

Die politische Dynastie

Mitsotakis wiederholt immer wieder: „Beurteile mich für meinen Lebenslauf, nicht für meinen Namen.“

Das tut er, weil aus einer der größten politischen Dynastien Griechenlands kommt. Sein Vater, der verstorbene Konstantinos Mitsotakis, war in den 90er-Jahren Premierminister. Drei Mitglieder der Kernfamilie Mitsotakis sind in der Politik aktiv. Neben Kyriakos gibt es seine Schwester Dora Bakoyannis (63), ehemalige Außenministerin und derzeit Abgeordnete, und Kostas Bakoyannis (41), den Sohn von Dora und Neffen von Kyriakos, der ab dem 1. September 2019 zum neuen Bürgermeister von Athen gewählt wurde.

Im Dezember vorigen Jahres versprach er, dass er keine Verwandten in sein Kabinett berufen werde, wenn er an die Macht kommt.

Sein Werdegang

Wenn Bildung und Abschlüsse ausreichen würden, um für jemanden zu stimmen, wäre Mitsotakis wohl glücklich.

1986 schloss er sein Studium an der Privatschule Athens College ab. Von 1986 bis 1990 besuchte er die Harvard University (Bachelor in Sozialwissenschaften). Von 1992 bis 1993 studierte er an der Stanford University und erwarb einen Master-Abschluss in Internationalen Beziehungen. Anschließend besuchte er die Harvard Business School, wo er einen MBA machte.

Seine politische Karriere begann 2004, als er zum ersten Mal zum Abgeordneten gewählt wurde. Im Jahr 2013 wurde er zum Minister für Verwaltungsreform in der Regierung Antonis Samaras ernannt und diente in dieser Position bis Januar 2015, als Syriza an die Macht kam. Am 10. Januar 2016 wurde Mitsotakis zum Präsidenten von Nea Dimokratia gewählt.

Versprechen, die er halten kann

Seine Wahlversprechen sind, die Rettungssteuern zu senken, die Privatisierung freizusetzen und eine hart getroffene Mittelschicht wiederzubeleben.

„Unsere oberste Priorität wird es sein, viele neue gute Arbeitsplätze zu schaffen und die Mittelschicht zu unterstützen, die von der jetzigen Regierung durch übermäßige Besteuerung zerstört wurde“, sagte Nea-Dimokratia-Chef am Freitag während einer kurzen Tour durch Nordgriechenland vor den Parlamentswahlen.

„Wir sind bereit, das Schicksal unseres Landes in unsere Hände zu nehmen“, sagte Mitsotakis und bat die Wähler, ihm ein starkes Mandat zu erteilen, das es ihm ermöglichen wird, „mit Brüssel über reduzierte Primärüberschüsse zu verhandeln, Steuern zu senken und über die bestmögliche Gemeinsame Agrarpolitik für Griechenland zu verhandeln.“

Verhandlungen über Primärüberschüsse: Er muss die Gläubiger und die EU davon überzeugen, ein griechisches Primärüberschussziel von 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung bis 2022 zu streichen. „Gib mir 12 Monate Zeit, um unsere Gläubiger, die internationalen Kapitalmärkte, davon zu überzeugen, dass wir es wirklich ernst meinen, dass Griechenland sich tatsächlich ändern kann“, sagte er weiter. Tsipras versuchte es und scheiterte.

Was Tsipras nach Sonntag tun wird

Wenn es keine große Überraschung gibt, wird Alexis Tsipras als Premierminister zurücktreten, denn seine Niederlage wird groß sein. Aber: Der Rücktritt als Parteichef von Syriza ist aus einem einfachen Grund nicht möglich: Er ist der „Star“ der Partei trotz der drohenden Niederlage. Und es gibt niemanden in der Partei, der ihm nachfolgen könnte.

Was wird er also tun? Er wird die Opposition anführen. Obwohl er unter anderem als Mann gegen das angebliche EU-Spardiktat gewählt wurde, hat er ein extremes Sparprogramm durchgezogen und wurde zu einem der besten Verbündeten der Gläubiger.

Vorher kämpft er bis zur letzten Sekunde: Tsipras rief alle Bürger dazu auf, zu den Urnen zu gehen. „Heute entscheiden wir über unser Leben in den kommenden vier Jahren“, sagte der Regierungschef nach der Stimmabgabe. Seine Partei und seine Regierung würden sich weiterhin für soziale Gerechtigkeit einsetzen.

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