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Politik - 11.07.2019

Europas Grüne nehmenvon der Leyen ins Kreuzverhör

Eine Woche nach ihrer Nominierung zur Präsidentin der EU-Kommission geht Ursula von der Leyen (60, CDU) auf große Werbetour.

Am Mittwoch will sie die Fraktionen der europäischen Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen von sich überzeugen. Sie braucht die Stimmen, um im EU-Parlament gewählt zu werden. Jetzt stellt Sie sich der Befragung durch die Grünen!

Am Anfang wird Ursula von der Leyen persönlich. Sie sei in Brüssel geboren, habe im benachbarten Tervuren gelebt und zusammen mit Franzosen, Italienern und Niederländern die Europaschule besucht. „Das war mein erster Eindruck von Europa“, sagt die 60-Jährige am Mittwoch vor Europaabgeordneten in Brüssel. Den Geist Europas habe sie gelebt und geatmet.

Mindestlohn: Von der Leyen geht auf Sozialdemokraten zu

Von der Leyen will sich im Fall ihrer Wahl zur Präsidentin der EU-Kommission für einen Mindestlohn in jedem EU-Land einsetzen. Jemand, der Vollzeit arbeite, müsse davon seinen Lebensunterhalt bestreiten können, sagte die CDU-Politikerin am Mittwoch in Brüssel.

„Deshalb werde ich für einen Mindestlohn in jedem Land kämpfen.“

Damit griff sie eine Forderung unter anderem der Sozialdemokraten aus dem Europawahlkampf auf. CSU-Politiker Manfred Weber, der lange um die Nachfolge von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker gekämpft hatte, hatte dies abgelehnt.

Von der Leyen ist die Unterstützung der Liberalen für die Nachfolge von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker nach Einschätzung der FDP-Europapolitikerin Nicola Beer noch nicht sicher.

„Ich glaube, sie hat die Fraktion insgesamt noch nicht überzeugt, mich auch nicht“, sagte Beer nach einer Befragung von der Leyens durch die Fraktion. Von der Leyen sei „leidenschaftlich, aber wolkig“ aufgetreten.

Sozialdemokraten lassen von der Leyen weiter zappeln

Am Morgen war sie schon bei den Sozialdemokraten. Ihr Erfolg: bescheiden. Denn die sozialdemokratische Fraktion im Europaparlament hält sich weiter offen, ob sie bei der Wahl des künftigen EU-Kommissionschefs für die deutsche CDU-Politikerin Ursula von der Leyen stimmt. Bei dem Treffen mit von der Leyen am Mittwoch habe man einige konkrete Forderungen gestellt, erklärte die sozialdemokratische Fraktionschefin Iratxe García Pérez.

Welche konkreten Forderungen die sozialdemokratische Fraktion nun an von der Leyen stellt, sagte García Pérez am Mittwoch nicht.

Bevor man sich zur Wahl positioniere, wolle man die Antworten abwarten. „Unsere Gruppe wird erneut über die Wahl beraten. Wir werden nächste Woche eine Entscheidung treffen“, kündigte García Pérez an. Ziel sei es, zu einem gemeinsamen Standpunkt zu gelangen.

Vor allem die 16 deutschen SPD-Abgeordneten im Europaparlament lehnten die Wahl von der Leyens bislang ab. Etliche Sozialdemokraten aus anderen EU-Staaten wollten sich bislang aber nicht festlegen.

Nach den Sozialdemokraten sind die Liberalen und die Grünen im Europaparlament dran – ein Marathon-Überzeugungstag.

Für von der Leyen bedeutet das: Fragen, Anhörungen, Kreuzverhöre in Brüssel. Besonders interessant: Offenbar um zu verhindern, dass wieder Hinterzimmer-Vorwürfe aufkommen, übertragen die Grünen-Fraktion und die Liberalen ihre Anhörungen live im Internet. „Bevor wir uns als Abgeordnete zu ihr positionieren, wollen wir sie kennenlernen und die Öffentlichkeit daran teilhaben lassen“, sagte der Grünen-Sprecher im Europäischen Parlament, Sven Giegold (49).

So lief das Kreuzverhör bei den Liberalen

Die deutsche Verteidigungsministerin machte bei der Anhörung bei den Liberalen deutlich, dass sie die Kritik an ihr, weil sie keine Spitzenkandidatin war, versteht: „Ich weiß, dass wir natürlich einen holprigen Start hatten. Dessen bin ich mir absolut bewusst. Ich kann die Vergangenheit nicht heilen, es ist eine Tatsache.“ Aber sie werde sich dafür einsetzen „ein neues Modell zu erarbeiten, das der Kommission und dem Parlament“ gerecht werde.

Außerdem will sie dafür sorgen, dass die Kommission zur Hälfte aus Männern und Frauen besteht.

Von der Leyen braucht jede Stimme

Bevor sie EU-Chefin werden kann, muss sie vom EU-Parlament gewählt werden.

Derzeit fehlen ihr einige Stimmen für die nötige absolute Mehrheit (374 Stimmen) am 16. Juli. Aktuell versammelt die Deutsche rund 250 Stimmen hinter sich.

▶︎ Bisher hat sich zwar nur die Europäische Volkspartei (182 Abgeordnete) zu von der Leyen bekannt. Nach dem Hickhack um die Nominierung gilt es aber als wahrscheinlich, dass die meisten Abgeordneten der ungarischen Rechtspopulisten von Fidesz (13 Abgeordnete), der polnischen PiS (27 Abgeordnete) und der italienischen Lega (28 Abgeordnete) sie unterstützen werden.

Die proeuropäischen Fraktionen der Liberalen, Grünen und Sozialdemokraten bieten das Potenzial weiterer 337 Stimmen – sollte von der Leyen den Großteil von ihnen überzeugen können, stünde dem Abstimmungssieg nichts mehr entgegen.

Doch die 16 SPD-Europaabgeordneten haben bereits angekündigt, GEGEN von der Leyen zu Stimmen. Die Grünen vermieden hingegen ein klares Bekenntnis, verlangten Zugeständnisse. Dabei geht es zum einen um inhaltliche Zusagen etwa beim Klimaschutz, aber auch um eine stärkere Rolle des Parlaments bei der künftigen Besetzung von EU-Spitzenposten.

Im Klartext: um eine Reform des EU-Wahlrechts, um die Spitzenkandidaten, um konsequenten Klimaschutz, mehr sozialen Zusammenhalt sowie die Einhaltung der Bürgerrechte und der Menschenrechte.

Laut einer Insa-Umfrage für die BILD lehnt eine Mehrheit der Deutschen von 51 Prozent die derzeitige Verteidigungsministerin als EU-Kommissionspräsidentin ab. Nur knapp jeder Fünfte fände sie in diesem Amt gut.

Am Nachmittag (15 Uhr) steht für von der Leyen auch ein Treffen mit EU-Parlamentspräsident David Sassoli sowie allen Fraktionsvorsitzenden auf dem Programm. Das Gremium entscheidet als sogenannte Konferenz der Präsidenten über die Tagesordnung des Parlaments.

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