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Politik - 20.11.2018

Aufstand im Bundestag gegen Putins Kandidaten

● CDU-Außenexperte Röttgen hält Prokoptschuk für „unwählbar“ ● Oppositionsparteien fordern klare Haltung der Bundesregierung

Ein russischer Generalmajor steht vor der Wahl zum neuen Interpol-Chef. Morgen fällt die Entscheidung. Im deutschen Bundestag sorgt die Personalie für Empörung.

Alexander Prokoptschuk ist russischer Generalmajor und seit Ende 2016 Vizepräsident von Interpol. Morgen könnte er nun zum Interpol-Präsidenten gewählt werden und so an die Spitze der Internationalen kriminalpolizeilichen Organisation gelangen. Er tritt gegen den aktuellen Übergangspräsidenten Kim Jong Yang aus Südkorea an – und wird dabei vom Kreml massiv unterstützt.

Der Mann ist hochumstritten. Und trotz der an sich geheimen Wahl geht die Regierung Großbritanniens bereits seit dem Wochenende davon aus, dass „Herr Prokoptschuk gewinnen wird und es keinen Sinn hat zu versuchen, ihn aufzuhalten“.

Dahinter stecke eine massive Bestechungskampagne vieler der 190 Mitgliedsstaaten durch Russland, so das siebenfache „Red Notice“-Opfer William Browder zu BILD.

► Tatsächlich hat Prokoptschuk zwischen 2011 und 2016 als Chef von Interpol-Russland zahlreiche politisch motivierte „Red Notice“-Vermerke an Interpol gesendet, um kremlkritische Aktivisten und Geschäftsleute in Europa und den USA nach Russland ausliefern zu lassen.

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Die Bundesregierung hält sich zu dem Fall bedeckt. Aus dem Innenministerium hieß es gegenüber BILD: Die Regierung äußere sich nicht „zu ihrem Abstimmungsverhalten in internationalen Organisationen“.

Nun regt sich in Deutschland Widerstand gegen Putins Kandidaten – und das nicht nur aus der Opposition.

CDU, FDP und Grüne gegen den Kandidaten Russlands

● Norbert Röttgen (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, sagte zu BILD: „Als führendes Mitglied des russischen Sicherheitsapparates ist Alexander Prokoptschuk Teil des Machtzentrums von Wladimir Putin.“

Prokoptschuk habe sein Amt als Leiter des russischen Interpol-Büros „vielfach missbraucht“, um mithilfe des Instruments der Red Notice russische Oppositionelle und politische Gegner mit internationalem Haftbefehl verfolgen zu lassen. Es sei klar, dass er als Präsident von Interpol diese Praxis ausweiten werde.

„Daher ist er unwählbar als Präsident für die internationale Polizeibehörde, die wir dringend als politisch unabhängige Institution brauchen, um Herausforderungen wie dem internationalen Terrorismus zu begegnen“, so Röttgen.

Auch aus der FDP regt sich Widerstand gegen den russischen Kandidaten. Gegenüber BILD fordern drei Abgeordnete von der Bundesregierung, öffentlich zu erklären, dass sie diesen nicht unterstützen wird.

● Bijan Djir-Sarai, außenpolitischer Sprecher der FDP im Bundestag, zu BILD: „Der russische Spitzenpolizist Alexandr Prokoptschuk ist kein geeigneter Kandidat. In dieser Funktion hätte er Zugang zur außerordentlich wichtigen Daten und Strategien bei Interpol. Vor dem Hintergrund der aktuellen Politik in Russland wäre seine Wahl unverantwortlich.“

● Ulrich Lechte (FDP), Mitglied im Auswärtigen Ausschuss, gegenüber BILD: „Mit dem russischen Polizeigeneral Alexander Prokoptschuk an der Spitze würde der Ruf von Interpol leiden, denn Prokoptschuk war für den Missbrauch von Interpol Red Notices für die Verfolgung von politischen Gegnern wie William Browder verantwortlich.“

Um diesen Schaden für die internationale Polizeikooperation abzuwenden, „sollte die Bundesregierung unbedingt die Kandidatur des Südkoreaners Kim Jong Yang unterstützen“. Allerdings habe die Bundesregierung „dieses Thema bisher verschlafen“.

● Konstantin Kuhle (FDP), Mitglied im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union, sagte zu BILD, die Bundesregierung müsse bereits „im Vorfeld der Abstimmung klar Farbe bekennen und darf Putins Kandidaten nicht durchwinken“.

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Der „anhaltende Missbrauch von Red-Notice-Vermerken“ untergrabe das Vertrauen in die Institution Interpol. Deutschland dürfe daher nicht einer Person an die Spitze der Organisation verhelfen, „die damit in Zusammenhang steht“.

● Auch der Grüne Manuel Sarrazin, Sprecher für Osteuropapolitik und Mitglied mi Auswärtigen Ausschuss, sprach sich ebenfalls klar gegen den vom Kreml unterstützten Kandidaten aus. Sarrazin sagte gegenüber BILD, Russland versuche immer wieder über Interpol „politische Gegner des Regimes von Wladimir Putin mundtot zu machen. Gerade die Person Prokoptschuk kann mit dieser Praxis in Verbindung gebracht werden“.

Die Vermutung liege daher nahe, dass Prokoptschuk nach seiner Wahl zum Interpol-Chef „politisch motivierte Anträge aus Russland bevorzugen und befördern würde“. Sarrazin: „Es kann nicht angehen, dass Deutschland sich dieser Personalie und damit dieser Praxis im Rahmen von Interpol nicht entgegenstellt.“

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● CDU-Außenpolitiker Roderich Kieswetter ebenso unmissverständlich zu BILD: „Die Wahl von Alexander Prokoptschuk zum neuen Interpol-Präsidenten wäre ein äußerst fragwürdiges Zeichen, weil Russland mit einer Serie unaufgeklärter, politischer Morde kein glaubhafter Vertreter einer regelbasierten, internationalen Ordnung darstellt, sondern vielmehr versucht, diese Institutionen für seine machtpolitischen Zwecke zu missbrauchen.“

Eine Wahl von Prokoptschuk würde dem „Vertrauen in unsere regelbasierte internationale Ordnung diametral entgegenstehen“.

Russland verurteilt „Wahleinmischung“

Der Kreml zeigte sich unterdessen erbost darüber, dass einzelne Abgeordnete in verschiedenen Ländern ihre Opposition zum russischen Kandidaten formulierten.

Kreml-Sprecher Dimitri Peskow erklärte am Dienstagmorgen in Moskau: „Dies ist wahrscheinlich eine Art Einmischung in den Wahlprozess bei Wahlen zu einer internationalen Organisation. Wie kann man das sonst noch sehen? Trotzdem wird die Wahl stattfinden und lassen Sie uns auf die Ergebnisse warten.“

Hintergrund ist der offene Brief mehrerer US-Senatoren vom Montag, in dem sie Präsident Donald Trump auffordern, seinen Einfluss geltend zu machen, um Russlands Kandidaten für das Amt des Präsidenten von Interpol zu verhindern.

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