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Kultur - 12.12.2018

Zauberin des Belcanto

Gruberová sagt Adieu zu ihrem Berliner Publikum an der Deutschen Oper. Über einen Abend voller Geschenke, Belcanto und einer tollen Stimme.

Die Koloratursopranistin Edita Gruberová bei einem Auftritt 2014.

Hoch oben im Register setzt Edita Gruberová den Ton an. Ein so feiner Klang, gleichzeitig so unzerbrechlich stabil. Sicher führt sie ihn in die Koloratur, entwickelt virtuos seine Färbung weiter. Die Sopranistin schlängelt sich gerade durch „Ah! se u’urna è a me“ aus Bellinis „Beatrice de tenda“ mit faszinierender Freiheit. Sie dehnt flexibel ihre Stimme, formt Töne nach scheinbarem Belieben, und strahlt mühelos größte Bühnenpräsenz aus.

Ihren 72. Geburtstag feiert Edita Gruberová nächste Woche. Seit über 51 Jahren steht sie auf Opernbühnen und singt. Auf dieser hier, der Bühne der Deutschen Oper, trat sie vor 38 Jahren zum ersten Mal auf. Nun verabschiedet sie sich von ihrem Berliner Publikum. Und das sich gebührend von ihr: Standing Ovations bereits zur Pause, unzählige Blumensträuße und Geschenke von Haus und Publikum am Ende, ein Schriftbanner in der ersten Reihe nach der zweiten von drei Zugaben, nicht enden wollender Applaus, als das Orchester bereits in die Garderoben verschwunden ist.

Ein reiches Spektrum aus Klangfarben

Ihr enormes Wissen um die eigene Stimme beeindruckt schwer – auch ihre Grenzen kennt Gruberová unglaublich genau. Das Programm des Abends hat sie dementsprechend angelegt. Immer im Wechsel mit rein orchestralen Sätzen tritt sie auf, und setzt beispielsweise die Wahnsinnsszene der Ophélie aus Ambroise Thomas‘ „Hamlet“ an das Ende des Programms. Gleich doppelt geht das auf: Nicht nur, dass sich so eine funktionierende Dramaturgie ergibt, Gruberová kann sich hier zum Schluss auch bedenkenlos dem Wahn der Szene hingeben und bis in die Spitzentöne steigern.

Eigene Grenzen erreicht sie lediglich bei der Lautstärke gegen das vollbesetzte Orchester der Deutschen Oper unter Peter Valentovic. Die nötige Kraft und das Stimmvolumen zeigt sie zwar immer wieder in den entscheidenden Momenten, haushaltet aber diszipliniert über den Abend hinweg damit. Diese Selbstdisziplin zeichnete sie schon immer aus: Bei der Auswahl der Partien, bei der Häufigkeit von Auftritten.

Sie verzaubert mit ihrem Klangfarbenreichtum. Beinahe zwitschernde Triller, warm-wohlige Pianissimos in allen Lagen, wie sie schmalzig Töne ineinanderfließen lässt, wie sie in Strauß‘ „Frühlingsstimmenwalzer“ die Staccatonoten wie Nadelstiche spitz voneinander absetzt. Zusätzlich besitzt sie ein so feines Gespür für Dramaturgie und Timing, dass in jeder Phrase Ausdruck steckt, jeder Witz genau passt. Sehr eindrucksvoll zeigt sie das in Saint-Saëns „Parysatis“. Vokalisenähnlich singt sie zwar keinen Text, erzählt aber doch viel mit den Klangnuancen, mit Mimik und angedeuteter Gestik.

Die Königin des Belcanto hat der Deutschen Oper Lebewohl gesagt. Es war ein würdiger Abschied.

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