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Kultur - 06.12.2018

Wir können alles

Der Nachwuchs zeigt, was er drauf hat: Das Finalkonzert des Bundeswettbewerbs Gesang im Schiller Theater.

Siegerin Jana Baumeister

Am Ende bleibt ein seltsames Gefühl. Nicht weil Jana Baumeister beim Bundeswettbewerb Gesang im Schiller Theater den Ersten Preis gewonnen hat. Oder doch? Ihre Interpretation von Paminas „Zauberflöten“-Arie „Ach, ich fühl’s“ ist auf jeden Fall preiswürdig. Der Zuhörer fühlt es auch: die leise Verzweiflung, das Aufsteigen der Tränen, weil Tamino (vermeintlich) verloren ist. Unendlich zart, auf allen überflüssigen dramatischen Druck verzichtend webt Baumeister das anrührende Porträt einer jungen Frau, die in Trauer und Schwärmerei zergeht. Tolle Leistung.

Aber der Hauptpreis hätte doch einer anderen gebührt. Elissa Huber  ist als Louise in Charpentiers gleichnamiger Oper überwältigend wahrhaftig und schlicht großartig. Weil sie Louises Freude über die Liebe in ihrer großen Arie „Depuis le jour“ wirklich zu empfinden scheint. Weil die Höhe nicht aufhören will zu strömen. Weil sie aus einem beeindruckenden Volumen schöpft. Und dabei im mondlichtglitzernden, schlangenlangen Kleid eine klasse Figur macht. Dass die 29-Jährige bereits einige Jahre als Musicalsängerin hinter sich hat, bevor sie zum klassischen Gesang umsattelte, hilft dabei sicher. Der dritte Platz ist unerwartet wenig für sie. Liegt es daran, dass sie zuvor schon für den besten Vortrag einer zeitgenössischen Komposition ausgezeichnet wurde? 

Lieder von Aribert Reimann: ein kurzer, intensiver Triumph

Diesen Sonderpreis hat sie jedenfalls absolut zu Recht bekommen. Dass demonstriert Elissa Huber in drei kurzen, viel zu kurzen Liedern von Aribert Reimann. Wie diese extrem kleinteilige Musik in fast jedem Takt umschlägt und metamorphisiert, wie sich Huber in die Takte hineinstürzt: spektakulär. Begleitet wird sie von der genauso feurig-engagiert in die Tasten hauenden Alevtina Sagitullina, die freudetrunken von der Bühne taumelt, nachdem sie, offenbar unverhofft, den Pianisten-Preis empfangen hat.

Zwölf Finalisten, alle auf hohem Niveau. Nur Ferdinand Keller hat sich mit der bekannten Tamino-Arie „Dies Bildnis ist bezaubernd schön“ eine schwere Last auferlegt, an der er sich dann auch verhebt – mit einer zum Schreien neigenden Tenorstimme und einer Phrasierung, die stellenweise völlig außer Kontrolle gerät. Gerade als man denkt, dass die Männer nicht den besten Abend haben, kommt Benedikt Eder mit einer souverän-spöttischen, in bester bajuwarischer Jovialität gesungenen Version der Arie „Heiterkeit und Fröhlichkeit“ aus dem „Wildschütz“. Dass er gar keinen Preis bekommt, bleibt unverständlich. Die anderen Auszeichnungen: alle verdient. Etwa Theodore Browne mit einer ausgewogenen, fast zu glatten Interpretation von „Ah! Mes amis“ aus Donizettis „La Fille du Régiment“ oder Johannes Moser mit Wolframs „Abendstern“-Lied aus „Tannhäuser“. Umsichtig begleitet werden die jungen Sängerinnen und Sänger von Axel Kober und der Staatskapelle Berlin.

Schade nur, dass Daniel Hope seine Moderation abliest. Der hintergründige Witz des britischen Geigers entfaltet sich da nur eingeschränkt. Man spürt ihn aber trotzdem – etwa in der Anekdote von Enrico Caruso, der sich nach dem Erdbeben von San Francisco 1906 nur deshalb auf ein Boot retten konnte, weil er ein handsigniertes Porträt von Theodore Roosevelt schwenkte. „Ein amerikanischer Präsident als Glücksbringer, was für Zeiten!“ England mag für Europa verloren sein. Sein Humor ist es nicht.

Deutschlandradio Kultur sendet am 2. Dezember um 20.03 Uhr eine Aufzeichnung des Konzerts.

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