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Kultur - 15.03.2019

Traut the Kraut

Erst als Nazi beschimpft, dann zum Fußballgott stilisiert: Das Biopic „Trautmann“ macht die Geschichte des legendären Torhüters zum Versöhnungsmärchen.

Held von Wembley. David Kross spielt die Torwartlegende.

Vom Kriegshelden zum Kriegsverbrecher zum Sporthelden. Erst als Nazi beschimpft, dann als Fußballgott bejubelt. Das ist die zumindest in Teilen wahre Geschichte, die das Melodram „Trautmann“ erzählt. Bernhard Carl „Bert“ Trautmann, aufgewachsen in Bremen, meldet sich als 17-Jähriger freiwillig zu den Waffen, wird als Fallschirmjäger im Zweiten Weltkrieg mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet, gelangt als Kriegsgefangener nach Lancashire und steigt als Torhüter bei Manchester City zur Legende auf.

David Kross verkörpert diesen Titan als sympathischen, von der Haft überraschend wenig ausgezehrten Stehaufmann, der im Gefangenenlager Elfmeter hält, und sich dafür mit Zigaretten bezahlen lässt. Sein Talent fällt einem Lebensmittelhändler (John Henshaw) auf, der ihn aus dem Lager schleust und als „Bert aus Bradford“ in die Amateurmannschaft steckt, die er trainiert. Trautmann rettet das Team mit spektakulären Paraden vor dem Abstieg. Nicht nur die Scouts von Proficlubs, sondern auch die Tochter des Trainers (Freya Mavor) interessieren sich für ihn. Zwar nennt sie ihn zunächst „Hitler“ und „Drecksdeutscher“, beginnt dann aber eine Liaison. „Trautmann“ ist ein Versöhnungsmärchen.

Wichtiger als das, was auf dem Platz passiert, ist für einen Fußballfilm, was seine Figuren nach dem Abpfiff erleben. Die Lektion hat Regisseur Marcus H. Rosenmüller vom „Wunder von Bern“ gelernt, Sönke Wortmanns Vater-Sohn-Geschichte vor der Kulisse des WM-Endspiels von 1954. In Bern war Trautmann nicht dabei, weil er in Deutschland als Vaterlandsverräter galt und von Bundestrainer Sepp Herberger ignoriert wurde. Diese Perspektive kommt nicht vor, präsentiert wird, wie „Traut the Kraut“ vom Feind zum Freund mutiert, eine exemplarische Integrationsleistung. Oft halten sich die Protagonisten im Freien auf, in malerischen Feld-, Wiesen-, Küstenlandschaften wie aus den „Inspector Barbaby“-Fernsehkrimis. Trautmann hält die Bälle mit bloßen Händen, auch 1956 beim Pokalfinale im Londoner Wembleystadion. Der Torwart erleidet in der 75. Minute einen Halswirbelbruch, spielt trotzdem weiter und rettet den Sieg. Sein größter Triumph.

Schlimmer als der Kitsch ist die Geschichtsklitterung. In Rückblenden wird immer wieder eine offenbar frei erfundene Kriegsepisode gezeigt, in der ein polnischer (oder jüdischer?) Junge stirbt, weil er seinen Fußball nicht hergeben will. Hat Trautmann zugeschaut, hat er geschossen? Als sein Sohn bei einem Verkehrsunfall umkommt, hält der Torwart das für eine gerechte Strafe. Ein symbolischer Schuldkomplex, jedoch völlig unglaubwürdig.

In zehn Berliner Kinos

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