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Kultur - 12.12.2018

Füllen’s nach den Prosecco

Die österreichische Band Bilderbuch wird mit dem Soundcheck Award für das „Beste Album des Jahres“ geehrt

Bilderbuch. Gewinner des Soundcheck Award 2017 für das „Beste Album des Jahres“

Auch eineinhalb Jahre nach Veröffentlichung von „Magic Life“, das Bilderbuch den internationalen Durchbruch brachte, ist die Band unaufhörlich unterwegs. Ihr viertes Album hob sie im vergangenen Jahr schlagartig über den Status eines Wiener Geheimtipps hinaus. Derzeit reisen die österreichischen Musiker gerade wieder durch kleinere Clubs, im Sommer sind sie bei den großen Festivals gebucht.

Zu viert kamen sie dann am Freitag Vormittag ins Studio von Radioeins, um dort den Soundcheck Award 2017 entgegenzunehmen. Er wurde Sänger Maurice Ernst, Gitarrist Michael Krammer, Bassist Peter Horazdovsky und Schlagzeuger Philipp Scheibl in der Sendung „Der Schöne Morgen“ überreicht, und die Jury Mitglieder Anja Caspary, Musikchefin des Senders, Moderator Torsten Groß und Kai Müller vom Tagesspiegel nutzten die Gelegenheit für eine Begründung ihrer Wahl. Die Band beweise „Weltniveau“ mit diesem Album, sagte Caspary, und gehe mit Rockformaten auf eine Weise um, wie das bei diesem ausgelaugtem Genre nicht zu erwarten sei. Virtuos würden Einflüsse aus Funk, Soul und HipHop aufgegriffen und zu einer eigenwilligen Pop-Textur vermengt. Und dann sei da noch diese urtümliche Sprache, ein Kauderwelsch aus Wiener Schmäh und Amerikanisch, das in seiner semantischen Artistik nicht nur Stil hat, sondern ständig tiefgründige Assoziationsräume öffnet.

Eine Frage der Ehre. Radioeins-Musikchefin Anja Caspary übereicht den Soundcheck Award an Sänger Maurice Ernst (Mitte), Gitarrist…

Seit der Soundcheck Award 2009 zum ersten mal vergeben worden ist, Preisträger damals war die Phantom Band aus Glasgow, ging er an HipHop-Stars wie Kanye West und A Tribe Called Quest, an Rockmusiker wie The Black Keys, Neil Young und Tocotronic, an Newcomer wie Kate Tempest, und auch der Dubstep-Soul von James Blake wurde ausgezeichnet.

Der Preis in Form eines Bildes wurde wie in den Vorjahren von dem New Yorker Illustrator Otto Steininger gestaltet. Er griff in seinem Entwurf die von der Band in ihren Songs oft thematisierte Zerbrechlichkeit von Luxus und materiellem Erfolg auf, indem er Luft- oder Schaumblasen zum Hauptmotiv des Plakats gemacht hat. In einer Welt, in der alles nur einen Klick entfernt zu sein scheint und das wichtigste Utensil der „Lader“ ist, mit dem der Akku am Leben gehalten wird, ist die Angst vor dem Zerplatzen der Träume und Wohlstandsfantasien weit verbreitet. Der Musik von Bilderbuch verleiht diese Angst vor dem sozialen Absturz nervöse Spannung. Denn sie beschreibt das Leben von Schnorrern und Stylern, die auf zu großem Fuß leben und viel zu gut wissen, dass sie den Reichtum, für den man hart arbeiten müsste und ihn vermutlich ohnehin nicht erlangen würde, eigentlich nur darstellen wollen.

Die Musiker zeigten sich sichtlich beeindruckt von dem grafischen Kunstwerk, das ihre Musik ehrt. Am Rande der Übergabe erzählten sie, die sich seit Kindertagen kennen, dass sie nun eine gemeinsame Wohnung in Wien bezogen hätten, um in einen kontinuierlichen Arbeitsfluss zu geraten. Das nächste Album ist bereits in Arbeit. Aber die Songs haben der Band in diesem frühen Arbeitsstadium noch nicht den konzeptionellen Rahmen offenbart, den sie für ein Album sucht. Jedenfalls sei das bei „Magic Life“ so gewesen, sagte Ernst, dass sie erst richtig wussten, was sie erreichen wollten, als mit dem Titel des Albums auch die emotionale Zielrichtung gefunden war. „Ich war immer, immer / Ein Junge mit Ideen“, heißt es nun, „Ein Junge ohne Ziel / Ein Junge braucht Sneakers for free.“

„Füllen’s auf den Prosecco.“ Die Jury, Kai Müller, Anja Caspary und Torsten Groß (v. li.) mit Bilderbuch, den diesjährigen…

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