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Kultur - 06.12.2018

Familie kaputt, Laune gut

Lily Allen hat eine Horrorzeit hinter sich. Davon handelt ihr Album „No Shame“, das im Zentrum ihres kurzweiligen Konzerts im Berliner Astra Kulturhaus stand.

Lily Allen im Berliner Astra.

Eine Liebesgeschichte in vier Songzeilen: „One year in you gave me, a set of keys / Two years and you bended down on one knee / Three years and we’re living out in the country / Four years and you’ve given me my beautiful babies“. Genau so wie Lily Allen es in „Apples“ besingt, hat sie es mit Sam Cooper erlebt. Das Paar heiratete, zog aufs Land, bekam zwei Töchter – und dann wurde es der Sängerin zu viel.

„Now I’m exactly where I didn’t want to be / I’m just like my mummy and daddy“. Als sie diese Zeilen zu hingetupften E-Gitarrenakkorden im Zugabenteil ihres Berliner Konzerts im Astra Kulturhaus vorträgt, zeigt die 33-Jährige kurz in die vorderen Reihen, wo tatsächlich ihre im Song angesprochene Mutter steht.

Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm – auf diese auch im Englischen verwendete Redewendung bezieht sich der Songtitel. Ja, Lily Allen – Tochter einer Filmproduzentin mit Alkoholentzugserfahrung und eines Komikers mit Kokainvergangenheit – stammt wahrlich aus keiner gewöhnlichen Familie. Für den meisten Trubel hat sie jedoch selbst gesorgt. Nach einem fulminanten Karrierestart mit Anfang 20 war sie irgendwann genauso oft in den Schlagzeilen wie ihre Hits in den Charts. Partys, Sex, Drogen, schließlich heftige Dramen wie eine Totgeburt, eine Depression und das Ende ihrer Ehe.

Sie scherzt mit den Fans und macht selbstironische Kommentare

Vieles davon hat Lily Allen mit beeindruckender Offenheit auf ihrem im Sommer erschienenen Album „No Shame“ verarbeitet, das auch im Zentrum ihrer 90-minütigen Liveshow steht. So spielt sie zum Auftakt „Come On Then“, das erste Stück der Platte, in dem sie zu reduzierten Beats und flackernden Synthies vom Social-Media-Tratsch über sich singt.

Lily Allen, die in einem beige, karierten Overall, mit blondem Dutt und Hanfblatt-Glitzerkettchen auftritt, scheint die Krisen gut überstanden zu haben. An diesem Abend ist sie jedenfalls bester Laune, scherzt mit dem Publikum und gibt selbstironische Kommentare zu ihrer angeblich gesunkenen Popularität ab. Begleitet von zwei Musikern gelingt ihr eine feine Balance zwischen reduziert-introvertierten Stücken wie „Everything to Feel Something“, tanzbaren Songs wie dem Dancehall-beeinflussten „Waste“ und alten Hits wie „Smile“, dessen Reggae-Fröhlichkeit immer noch ansteckend ist.

Allens häufig mit Hall unterlegte Stimme hat weiterhin eine gewisse Mädchenhaftigkeit – ein schöner Kontrast zu den besungenen Gemeinheiten. Wohl kein Song spielt das genüsslicher aus als „Fuck You“ mit seinem Träller-Refrain. Lily Allen kündigt das Abschlussstück ihres kurzweiligen Sets mit einer Anti-Brexit-Tirade an. „Vielleicht ist das einfach die Quittung für diesen Empire-Mist“, überlegt sie und streckt dann beim Singen beide Mittelfinger hoch.

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