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Kultur - 21.03.2019

Es müssen nicht immer Superhelden sein

Zweiter Weltkrieg, Kommunismus und neue Unabhängigkeit: Die Leipziger Galerie KUB zeigt parallel zur Buchmesse Comics aus Tschechien.

Ein Blatt aus Lucie Lomovás Graphic Novel „Divoši“ (2011).

Peng!, Zack!, Uff! – so liest sich der Sound von Comics in Deutschland. In tschechischen Heften steht da eher Prásk!, Haf! oder Švih!. Die dazugehörigen Bilder jedoch, die erzählen meist ähnlich gelagerte Geschichten: von maskierten Helden mit Muskelbergen, die dank Sprungfedern an den Füßen ihren Nazi-Verfolgern entkommen; von großbusigen Frauen, die nur mit Pumps, BH und Umhang bekleidet durchs Weltall reisen und sich mit Knarren den Weg freischießen. Geschichten wie diese entfalten sich vor allem in den Zeichnungen – selbst wenn der Betrachter kein Wort Tschechisch kann.

Das lässt sich derzeit in der Ausstellung „Währenddessen an einem anderen Ort“ in der Leipziger Galerie KUB überprüfen. Passend zur Wahl des Gastlandes der diesjährigen Buchmesse gibt sie einen Überblick über die tschechische Comic-Geschichte; in dieser Woche von Donnerstag bis Sonnabend von 17 bis 22 Uhr, am Sonntag von 14 bis 18 Uhr. An den folgenden Wochenenden ist die Schau am Freitag und Sonnabend von 16 bis 20 Uhr sowie am Sonntag von 14 bis 18 Uhr zu sehen.

Kuratiert wurde sie von zwei Fachleuten, die gleichzeitig auch Fans sind. Zum einen von Pavel Kobínek, der an der Prager Akademie der Wissenschaften arbeitet, zum anderen von Tomáš Prokkpek von der Palacký Universität im osttschechischen Olomouc, der gleichzeitig eine Comic-Sammlung mit dem schönen Titel „AARGH!“ herausgibt. Die beiden haben sich gegen eine chronologische Ordnung der Ausstellung entschieden und geben stattdessen 18 thematische Schwerpunkte vor, die sie durch die Jahrzehnte begleiten. 

Zeichner hatten immer wieder mit Einschränkungen zu kämpfen

So geht es beispielsweise darum, wie sich die Künstler mit dem Zweiten Weltkrieg auseinandersetzen, wie sie Minderheiten eine Plattform bieten und „Sherlock Holmes“ immer wieder neu in die gezeichnete Welt transferieren. „Wir wollen den Besuchern nicht vorschreiben, was sie in der Ausstellung zu lernen haben“, sagt Pavel Kobínek. Sie gebe einfach eine Möglichkeit, die Geschichte des Landes über seine Comics zu begreifen.

Die Ausstellung macht auch klar, wie die Autoren und Zeichner im 20. Jahrhundert immer wieder mit Einschränkungen zu kämpfen hatten. Wie ihre Materie zu kommunistischen Zeiten als „imperialistischer Schund“ wahrgenommen und vorübergehend sogar aus dem öffentlichen Raum verbannt wurde. Wie sie später vor allem als Kinderkram galt – und das zum großen Teil ja auch war, wie Kobínek erklärt. „Comics hatten einfach keine Chance, erwachsen zu werden.“

Aus dem Underground-Comic „Mr. Podiween and his Cosmic Story“ von Pavel Sedlák und  Oldřich Treutner.

Das änderte sich grundlegend erst um 2000, als immer mehr unabhängige, von Fans entwickelte Zeitschriften ihre Abnehmer fanden. Mittlerweile erlebt der tschechische Comic ein goldenes Zeitalter, eine Blüte, wie es sie vorher noch nicht gegeben hat. Auch das Image in der breiten Öffentlichkeit wandele sich langsam, sagt Kobínek. „Die Menschen merken, dass es nicht immer nur Superhelden sein müssen“, erklärt er. Auch davon kann man sich in der Galerie KUB einen Eindruck verschaffen.

Bis 7.4., Galerie KUB, Kantstraße 18, Leipzig

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