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Kultur - 21.01.2019

Ein Sänger auf den Tasten

Kristian Bezuidenhout gibt einen erhellenden Klavierabend im Berliner Pierre Boulez Saal.

Kristian Bezuidenhout

Im letzten Lied einer Aufführung von Schuberts „Winterreise“ mit Mark Padmore sorgte der am Hammerklavier begleitende Kristian Bezuidenhout vor einigen Monaten für einen unvergesslichen Moment: Er ließ die Vorhalte im berühmten „Leiermann“ als Dissonanzen in den kahlen Bassakkorden liegen und erzeugte damit das gespenstische Phänomen eines sozusagen „untoten“ Klangs.

Wer den südafrikanischen Musiker im Konzert erlebt hat, wird das Spielen auf Hammerklavieren nicht mehr mit Akkuratesse und Zierlichkeit assoziieren können. Im Pierre Boulez Saal spielt Bezuidenhout nun Werke von Hadyn, Mozart und Beethoven, die alle in den 80er bzw. 90er Jahren des 18. Jahrhunderts entstanden sind. Neben zeitlicher Konzentration herrscht dabei auch dramaturgische Schlüssigkeit: Nach den beiden Beethoven-Rondos (dessen erstes deutlich eine Arie Ottavios aus dem Don Giovanni anklingen lässt) folgen nur Werke in Moll. Mozarts 14. Sonate weist ebenso auf die in derselben Tonart stehende „Pathétique“ voraus wie Haydns f-Moll-Variationen, die überraschend dramatisch und düster enden.

Der Pianist ist ein Meister des Hammerklaviers

Bezuidenhouts sehr freier Umgang mit dem Tempo kann manchmal eine Spur didaktisch wirken, etwa wenn harmonisch Überraschendes sozusagen vorab angekündigt wird oder der Pianist zu Beginn des lyrischen Themas im ersten Mozart- Satz demonstrativ langsamer spielt. Sonst aber begeistern die jederzeit fantasievolle Artikulation und das sichere Gespür für den Spannungsaufbau.

Beethoven hat sich mehrfach darüber beschwert, dass man auf den Tasteninstrumenten seiner Zeit nicht richtig „singen“, also die einzelnen Töne nur unzureichend miteinander verbinden könne. Bezuidenhout aber singt sehr wohl im langsamen Satz der „Pathétique“; und wenn das Thema ein letztes Mal wiederkehrt, reduziert er die Begleitung durch die Verwendung des linken Pedals auf ein gitarrenhaftes Zupfen. Wie bei der „Winterreise“ scheint auch hier die Musik von der Atmosphäre ihrer Entstehungszeit umgeben. Bezuidenhout zeigt eindrucksvoll, dass dem beim Hammerklavier im Vergleich zu modernen Instrumenten gegebenen Mangel an Klangfarben und dynamischem Spektrum ein Zugewinn an historischer Tiefendimension gegenüberstehen kann.

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