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Kultur - 13.01.2019

Die Moderne in Schwarz-Weiß

„Architekturfotografie der Nachkriegsmoderne“: Endlich sind Sigrid Neuberts Fotografien von Bauten der fünfziger bis siebziger Jahre als Buch erschienen

Bildschön. BMW-Zentrale in München, gesehen von Sigrid Neubert.

Im Frühjahr machte die Ausstellung von Sigrid Neubert im Museum für Fotografie großen Eindruck. Es war, als ob die Schwarz-Weiß-Fotografie der Vergangenheit noch einmal ganz neu erstünde. Die Aufnahmen der Doyenne der Architekturfotografie wirkten in einer Weise zeitlos, die sich von den abgebildeten Bauten der fünfziger bis siebziger Jahre nicht in jedem Fall behaupten lässt.

Die Ausstellung hatte nur ein Manko: Der Katalog kam und kam nicht. Jetzt endlich liegt er vor, nachdem Kurator Frank Seehausen, ein Perfektionist auch er, das Manuskript abgeschlossen und das Büro Lanestudio die Verbindung von Bild und Text gemeistert haben.

Das Warten hat sich gelohnt, denn herausgekommen ist ein wunderbares Buch, das die Ästhetik der damaligen Zeit bewahrt. Die gewollt scharfen Kontraste werden durch den Druck auf chamoisfarbenem Papier gemildert – auf hoch weißem Fotopapier können sie richtig wehtun. So aber zeigen die Fotografien – auch im Vergleich mit ein paar Farbaufnahmen der Autorin –, welche Kraft im herben Schwarz-Weiß schlummert.

Ein Buch, das den Zeitgeist einfängt

Neubert hat sich im Wesentlichen in München und Süddeutschland umgetan. Sie hat die Architektur eines prosperierenden Landes fotografiert, das mit sich im Reinen ist. Den technikorientierten Optimismus brachte kein anderes Gebäude so bildhaft zum Ausdruck wie Karl Schwanzers BMW-Hauptverwaltung, hochgezogen binnen fünf Jahren vom Wettbewerb bis zur Fertigstellung 1973. Solches Bautempo war hierzulande einmal möglich – aber auch damals ungewöhnlich, denn beispielsweise die wesensverwandte Zentrale der Hypobank in München-Bogenhausen benötigte dafür insgesamt zwölf Jahre. Sie sieht aber auf Neuberts Bildern genauso perfekt und unwandelbar aus.

Das Buch ist, was sein vollständiger Titel sagt: „Architekturfotografie der Nachkriegsmoderne“ – ein Buch, das den Zeitgeist einfängt. Und für manche Bauten bald schon ein Erinnerungsdokument, etwa für das Parkhaus am Münchner Färbergraben von 1963. Autogerechte Stadt, weg damit! Doch in den Aufnahmen von Sigrid Neubert kommt das Beste zum Vorschein, das eine Zeit, ja eine Epoche gewollt hat.

Frank Seehausen: Sigrid Neubert. Architekturfotografie der Nachkriegsmoderne. Hirmer Verlag, München 2018. 336 Seiten mit 570 Abbildungen in Duplex, 45 €.

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