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Kultur - 14.06.2019

Die Bauverzögerung ist nicht das Problem

Das Humboldt Forum ist eine langweilige Rekonstruktion, mutlos und platt historisierend. Beim Bau schlägt es sich dagegen nicht schlecht. Ein Kommentar.

Baumaschinen stehen gegenüber der Baustelle des Humboldt-Forum im neuen Berliner Stadtschloss.

Drei Jahre Bauverzögerung, eine Kostensteigerung von 240 Millionen auf 440 Millionen Euro, Eröffnung auf Raten – und selbst dann war noch lange nicht alles fertig. Das ist die jüngste Geschichte der Staatsoper Unter den Linden. Eine Riesensauerei, ein Skandal, aber langsam gerät das in Vergessenheit. Die Menschen strömen in die Vorstellungen, erfreuen sich an der klassizistischen Innenwelt des Opernhauses oder stoßen sich daran. So ist der Lauf der Dinge.

Und die Berliner suchen sich ein neues Ärgernis. Es steht nicht weit von der Staatsoper und nennt sich Humboldt Forum oder Schloss. Jetzt wurde bekannt: keine Eröffnung in diesem Jahr zu Alexander von Humboldts 250. Geburtstag. Vielleicht kann man die Schätze aus Afrika, Asien und Lateinamerika, die lange in den Dahlemer Museen zuhause waren, im nächsten Jahr im Forum wiedersehen. Vielleicht. Der Riesenneubau hat das Problem aller Neubauprojekte. Die Vorschriften für Sicherheit und Klimatechnik sind so umfassend, dass Architekten und Bauleiter daran verzweifeln, nicht nur hier. Das verschlossene Forum macht auch als Superprestigeobjekt der Bundesrepublik Deutschland da keine Ausnahme. Ein bisschen BER steckt überall drin.

Im Vergleich schlägt sich das Humboldt Forum gut. Die Baukosten von rund 600 Millionen Euro sind offenbar noch einzuhalten. Auch ein Verzug von sechs oder acht Monaten stellt keine Katastrophe dar. Dennoch breiten sich schon wieder Frustration und Häme aus: Berlin kann es nicht…

Das stimmt auch, nur in einem anderen Sinn. In Berlin kann keiner die Ruhe bewahren. Hysterie gehört zum Geschäft. Warum gehen die für das Humboldt Forum Verantwortlichen nicht gelassener mit den Widrigkeiten des Bau- und Genehmigungsgewerbes um? Das gilt übrigens für viele große Institutionen der hauptstädtischen Kultur. Da steht alles unter Druck und Beobachtung, herrscht eine lähmende Nervosität bis Panik.

In München und Frankfurt schaut man sich natürlich genau an, wie die selbst ernannte Metropole herummurkst. Wer aber redet vom ewigen Krach um das Kulturzentrum Gasteig oder die puppenstübische Neu-Altstadt am Main? Wie war das in Hamburg mit den Kosten der Elbphilharmonie?

Berlin hat aber noch ein anderes Problem jenseits der dauergestressten Befindlichkeit. Es gibt hier seit der Wende zu viel mittelmäßige bis schlechte Architektur, nichts Herausragendes. Jüngstes Beispiel: die Bebauung des Flussufers in Friedrichshain. David Chipperfields James-Simon-Galerie auf der Museumsinsel nimmt eine Sonderrolle ein. Auch hier gab es Ärger und Probleme, wurde es teurer, aber es sieht gut aus. Es steht für etwas, es steht für sich.

Beim Humboldt Forum kann man das so nicht sagen. Im Wesentlichen wurde der alte Schlosskörper wieder aufgeführt, eine langweilige Rekonstruktion, mutlos und platt historisierend. Die einzige Hoffung ist das Innenleben – das Humboldt Forum eben. Auch aus diesem Widerspruch kommt jetzt die Aufregung. Ein seltsamer Bau, nicht in die Zukunft weisend, wird nicht wie angekündigt fertig. Das Humboldt-Jahr wird verpasst. Aber die Fassade steht.

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